2017-10-02 17:14:00
Bericht #1 - Welcome to Florida!
Hallo Metropolregion Rhein-Neckar! Mein Name ist Julian Bahne und ich freu mich darauf, meine Erfahrungen und Erlebnisse, die ich die nächsten 10 Monate im sonnigen Florida mache, mit euch hier teilen zu dürfen…
Angekommen im Sunshine-State
Ich lebe jetzt schon seit über sechs Wochen mein neues Leben und jeder Tag ist aufs Neue unglaublich spannend! Hier erlebt man echt einiges… Aber gehen wir auf Anfang: Ich muss zugeben, dass ich zwar die ganze Zeit den Abflugtermin im Kopf, aber ihn nicht wirklich realisiert hatte. Ich war wohl zu intensiv damit beschäftigt, meine verbleibende Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen. Genauso locker habe ich auch die Zeit vor der Abreise versucht anzugehen und so locker wollte ich eigentlich auch den Flughafen betreten. Zu meiner eigenen Überraschung habe ich das dann doch unterschätzt und der Abschied fiel mir dann um einiges schwerer, als ich es mir selbst eingestehen wollte, so viel dazu.
Nach mehr oder weniger fast einem ganzen Tag Reise hatte ich es dann auch geschafft und konnte meine Gastfamilie herzlich begrüßen. Es ist ein überwältigendes Gefühl, wenn man aus dem auf Eiszeit heruntergekühlten Flughafen in Orlando tritt und einem ein Schwall warm-feuchter Florida-Luft entgegenkommt.
Nach kurzer Fahrt erreichten wir dann meine neue Heimatsstadt und ich konnte schon einen kurzen Blick auf meine High School erhaschen, die Deltona High School. Deltona ist (mit gut 85.000 Einwohnern) ungefähr halb so groß wie meine badische Heimat Heidelberg. Es liegt nordöstlich von Orlando auf dem halben Weg zu Daytona Beach - der Strand ist also in nahezu greifbarer Reichweite!
Die ersten Tage bis zu meinem Schulstart verbrachte ich damit, meine Nachbarn kennenzulernen und mich mit der Umgebung vertraut zu machen. Zum Beispiel bin ich eine Runde Joggen gegangen bis zum nächsten McDonalds oder bin zum Basketball auf einen nahegelegenen court. Zusammen mit meiner Gastfamilie unternahm ich auch bereits erste Ausflüge zum Strand und zum Wasserpark in Daytona.
Schulstart an der Deltona High
Doch dann war es nach langen Tagen des Wartens endlich soweit: Die Schule begann! Ich muss ehrlich zugeben, mein neuer Stundenplan hat etwas Besonderes: Denn in der ersten Stunde „Krafttraining“ zu haben, ist immer ein sensationeller Start in den Tag! Ein weiteres interessantes Fach ist „Building and Construction“, also ein Fach mit handwerklicher Arbeit. Sowas hatte ich in Heidelberg noch nie. Leider war der Kochkurs schon voll ;)
In relativ kurzer Zeit habe ich mich in meiner neuen Umgebung nun eingelebt und konnte auch schon ein paar Kontakte knüpfen. Das absolute Highlight meines Tages ist die siebte Stunde: Bei meiner „registration”, also meiner Anmeldung an der Schule hatte ich den Wunsch geäußert, gerne Sport zu machen. Hier hat meine neue Schule durchaus einiges zu bieten. Ich entschied mich für Football beziehungsweise wurde mir dies auch nahegelegt. Also habe ich in der siebten Stunde mein zweites Krafttraining am Tag und danach teilweise bis 19 oder sogar 20 Uhr Footballtraining.
Danach (!) kommen zu Hause noch die Hausaufgaben. Ich stehe um 5.00 Uhr auf und das 5 mal die Woche. Das ist ein anstrengender Rhythmus. Aber nach einigen Wochen kann ich sagen, diese Belastung ist es wert und es macht absolut Spaß!
Das Training ist hier viel professioneller als in Deutschland, das kennt man zu Hause in Deutschland nur vom Kadersport. Allein die Betreuung um das Footballteam herum ist gigantisch, wenn man nur kleine Vereinsmaßstäbe gewohnt ist. Als ich das erste Mal in den „Locker Room“ also den Umkleideraum kam, hat mich das absolut fasziniert.
Überhaupt das ganze Drumherum der Schule - es ist ein absolutes, aber wahres Klischee: Fast alles was man aus den typisch amerikanischen Filmen zu diesem Thema kennt, trifft hier zu. Angefangen bei der Cafeteria bis hin zu den Klassenräumen, die sehr persönlich je nach Lehrer eingerichtet sind und alle diese L-förmigen Tische mit integriertem Stuhl haben.
Meist gucken wir nach dem Krafttraining Videoanalysen von Gegnern und unseren eigenen „Plays“, z.B. Spielzügen. Die Strategie des Footballspiels fasziniert mich sehr und hat mich in den Bann gezogen. Ich spiele als „Wide Receiver“, der seine Aufgabe darin findet, zu sprinten, auf Distanz geworfene Bälle zu fangen und diese sicher in die Endzone – sprich zum „Touchdown“ – zu tragen. Das hört sich ein bisschen nach Stöckchen werfen mit dem Hund an, ist aber einfacher gesagt als getan und macht mir viel Freude.
Wahrscheinlich könnte ich darüber noch Seiten schreiben, also begrenz ich mich jetzt auf eine letzte Erfahrung, die mich unglaublich beeindruckt hat: Es war mein erstes Spiel beziehungsweise sind es die Spiele im Allgemeinen. Der Anblick, wenn man als Schüler in einem Stadion vor mehreren Hundert teilweise sogar Tausenden Zuschauern auf dem Platz steht, Hubschrauber über dem Platz kreisen, Fernsehteams vor Ort sind, die das Ganze in regionale Sender übertragen, raubt mir absolut den Atem. Die Arbeit mit den Coaches und dem Team macht auch auf sozialer Ebene viel Spaß und man findet relativ schnell neue Freunde. Für eine ordentliche Spielzeit (d.h. längere Einsätze zu bekommen) muss ich derzeit noch kämpfen, aber das macht mir relativ wenig aus. Ich bin einfach glücklich, ein Teil des Teams und des ganzen Football-Hypes zu sein.
Es passiert hier natürlich noch viel mehr außer Football. In der Schule waren vor allem die ersten zwei Wochen unglaublich spannend. Natürlich gewöhnt man sich dann doch relativ schnell an den Alltag, da man jeden Tag den gleichen Stundenplan hat - im Gegensatz zu deutschen Schulen. Was mich aber nicht unbedingt weiter stört, da man so seine sozialen Beziehungen zu anderen schneller festigen kann. Was die englische Sprache und die Verständigung angeht, habe ich deutlich weniger Probleme als erwartet. Das heißt bei weitem nicht, dass mein Englisch perfekt wäre; ich mache natürlich noch des Öfteren Fehler oder wechsle mitten im Satz ins Deutsche, auch manchmal nur für ein Wort, das ist schon amüsant! Es wird aber immer weniger.
Hurrikan „Irma“ – „Flucht“ nach Tennessee
Sechs Wochen sind dann doch eine Zeitspanne in der echt viel passieren kann. Den Hurrikan „Irma“, über den auch in Deutschland viel berichtet wurde, habe ich natürlich auch miterlebt, wenn auch zum Glück nicht „aktiv“. Anstatt wie die anderen Bewohner uns mit Lebensmitteln und Batterien einzudecken – der Supermarkt war auch bei uns komplett leer gekauft – bin ich mit meiner Gastfamilie in 16 Stunden nach Tennessee gefahren. Dies war die mit Abstand längste Autofahrt meines Lebens, wobei ich den größten Teil davon schlief. Allerdings habe ich bei Tag im Hellen dann doch die neue Gegend genießen können. Wir haben auf diesem Weg von über 1.300 Kilometern einmal Georgia, Alabama und Mississippi durchquert, das war sehr spannend!
In Alamo, ganz im Westen des Staates Tennessee angekommen, habe ich das US-Landleben beim Bruder meiner Gastmutter kennengelernt. Sie leben dort auf einer ziemlich großen Farm und ich habe dementsprechend dann auch meine Zeit dort verbracht: auf dem Feld am See, beim Angeln oder beim Spaß-Campen mit meinem Gastbruder. Die vier Tage dort sind schnell zu Ende gegangen und wir konnten den ganzen Weg wieder zurückfahren und waren sehr gespannt, ob unser Haus in Ordnung war.
Wir hatten wirklich Glück in Deltona! Bis auf ein paar abgerissene Äste ist nichts passiert. Im Gegensatz zu allen meinen Freunden hatten wir sogar noch Strom. Eine weitere Woche hatte ich auch keine Schule, so habe ich mich dann auch wieder auf ein Training am Wochenende gefreut.
An den letzten Wochenenden waren wir zweimal surfen am Meer. Morgens am Strand bekommt man wirklich ein Gefühl von Urlaub vermittelt, dass einen am Montagmorgen in der Schule dann schnell wieder verlässt :-> Nichtsdestotrotz: Vom Unterrichtsstoff her ist bislang vieles einfacher, soweit ich es mit deutschen Standards vergleichen konnte.
Ich hoffe ihr konntet einen ersten Eindruck gewinnen, wie ich hier meine Zeit im Auslandsschuljahr verbringe. In der nächsten Zeit werde ich mich dann regelmäßiger melden und das Neueste zum Besten geben.
Viele Grüße aus Florida, bis zum nächsten Mal!