2017-09-30 10:03:00
Bericht #2 – Die Wochen vergehen wie im Flug!
Zu Beginn stelle ich euch meine Stadt nochmal etwas genauer vor. Zwischen meinem südpfälzischen Heimatdorf Barbelroth und meinem Gastort Punta Arenas liegen ganze 13.545 Kilometer! Wie ihr schon wisst, bin ich ziemlich im Süden gelandet, um es genau zu sagen in der südlichsten Großstadt der Welt! Es wird sich gerne darüber gestritten, ob es nicht auch überhaupt die südlichste Stadt der Welt ist, aber die südlichste Großstadt ist es allemal. Sie ist die Hauptstadt der „Región de Magallanes“ und der chilenischen Antarktis. Gerade mal drei Flugstunden ist Punta Arenas von der Antarktis entfernt, was auch gut erklärt, warum es hier (meiner Ansicht nach) immer kalt ist. Die Stadt liegt direkt am Meer, kein Wunder, wenn man sich Chile auf einer Karte anschaut. Die Küste hier ist jedoch nicht Richtung Westen, sondern im Osten. An einem klaren Tag, ohne Nebel oder Regen kann man von der Küste direkt das Feuerland erblicken.
Die Landschaft Südchiles
Außerhalb der Stadt: das Nichts! Vielleicht ist es schwer vorstellbar, was das Nichts bedeutet, deswegen versuche ich es kurz zu definieren. Eine Landstraße verläuft mehrere Kilometer gerade. Alle fünf Kilometer kommt ein Auto entgegen, es ist also kaum Verkehr. Wo will man denn auch hin? Die nächste größere Stadt ist 1.200 (!) Kilometer entfernt. Wenn man nicht unterwegs ist, um die Natur anschauen oder zu verreisen, gibt es keinen wirklichen Grund die Stadt zu verlassen.
Rechts und links der Straße erblickt kilometerweit Wiesen. Mal ein Hügelchen, mal ein Wald und manchmal den Blick auf das Meer, aber sonst keine große Veränderung der Landschaft. Kuhweiden die circa die zehnfache Fläche meines Heimatdorfs Barbelroth haben. Mal Pferde, dann Schafe, Strauße, Alpakas … auch wenn sich „das Nichts“ echt langweilig und öde anhört, ist es wirklich wunderschön. Dies alles gilt jedoch nur, wenn man Richtung „Norden“ fährt. ( Ich meine natürlich den Norden des Südens ;D ) Wenn man von Punta Arenas aus nach Süden unterwegs ist, wird es landschaftlich abwechslungsreicher. Wälder, Berge, Wasser, … einfach eine traumhaft schöne Natur!
An der Supermarktkasse? Geduld mitbringen…
Ein gaaanz großer Unterschied ist das Einkaufen. Stress??? Das kennt man nicht. Aus einem „schnellen“ Einkauf, wird meistens eine dreiviertel Stunde. In einer Zeitlupengeschwindigkeit scannt die Kassiererin die Codes ab, das bedeutet, dass man schon mal eine Ewigkeit anstehen kann. Warentrenner? Das gibt es nicht, immer schön eins nach dem anderen. Sobald der nächste Kunde an der Reihe ist, beginnt er erstmal seine Einkäufe aufzulegen. Das macht mich als Deutsche schon manchmal nervös, sogar leicht aggressiv, ich bin es eben einfach total anders gewöhnt ;-) Als Dank für die lange Wartezeit wird einem am Ende wenigstens die Ware eingepackt. So ein Mittelding wäre für mich nicht schlecht. In Deutschland ist es ja teilweise schon sehr stressig, hier wiederum könnte es durchaus etwas zügiger voran gehen.
Es gibt viele kleine Unterschiede hier, die zwar nicht besonders bedeutend sind, aber schlussendlich sind es die kleinen Dinge hier und da, die alles ungewohnt und anders machen. Seien es die Jonglierer, Clowns oder Break Dancer, die sich an den Ampeln Geld verdienen; die Straßenhunde, die mit auf den Fußballplätzen rennen, die Art das Bett zu beziehen, die seltsamen Papiergrößen und Blockformate, das sehr chlorhaltige Wasser, die Verkehrsmittel oder die gepflasterte Straße, die mitten in der Stadt einige Meter zur Schlammschlacht wird … ich entdecke immer wieder Neues! Das ist auch gut so, denn wie langweilig wäre es, wenn alles ganz genau gleich wie zuhause wäre...?
Stressfreies Miteinander…
Besonders auffällig und bemerkenswert ist vor allem die Höflichkeit und Offenheit der Menschen. Das Verständnis, wenn man an der Kasse steht und einfach diese riesigen Beträge in Spanisch nicht versteht (1000 chilenische Pesos sind gerademal 1,20 Euro). Die Geduld, den Satz auch noch das fünfte Mal zu wiederholen, wenn ich ihn immer noch nicht verstanden habe. Die Selbstverständlichkeit aufzustehen und den Platz anzubieten, wenn eine ältere Person den Bus betritt. Eigentlich sollte dies auch in Deutschland selbstverständlich sein; schaue ich mir jedoch den Schulbus an, merke ich, dass die Wenigsten überhaupt auf diese Idee kommen.
Einfach die Art der Menschen, sich nicht wie in Deutschland aufzuregen, wenn die Deutsche Bahn fünf Minuten zu spät kommt, sondern sich einfach an die Bushalte zu stellen und auf den nächsten Bus zu warten. Vielleicht kommt er schon in zwei Minuten, vielleicht aber auch erst in vierzig und dabei immer ganz ruhig und total stressbefreit zu bleiben. Das bewundere ich hier wirklich sehr an den Menschen.
Das Essen
Doch nun zu dem Essen: Obwohl ich in Deutschland schon seit 7 Jahren Vegetarier bin, ist es mir hier erstaunlich leicht gefallen vom einen auf den anderen Tag mit Fleisch und Fisch durchzustarten. Und das meine ich wörtlich mit dem DURCHSTARTEN! Während meine Familie in Deutschland vielleicht drei bis vier Mal in der Woche Fleisch isst, gibt es hier MINDESTENS einmal, eher jedoch zweimal am Tag. Sonst macht das Essen hier – zumindest bei meinen Gasteltern keine allzu großen Unterschiede. Natürlich kocht man hier etwas anders, es werden beispielsweise mehr Bohnen und Reis und weniger Nudeln gegessen und manche Zutaten gibt es natürlich auch einfach nicht, aber das ist ja völlig normal und es sind alles nur Kleinigkeiten und nichts wirklich Erwähnenswertes.
So weit so gut, mehr demnächst! Mir geht es auf jeden Fall gut und ihr braucht euch keine Sorgen um mich zu machen. Ich fühle mich hier wirklich wohl, sammle viele neue Erfahrungen und habe schon wirklich viel erlebt. Bis zum nächsten Mal!
Eure Luise