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2017-08-22 16:05:00

Bericht #1 - Das lange Warten hat ein Ende: Es geht los!

Ich bin Luise und möchte euch dieses Jahr gerne auf meine Reise am Südzipfel Südamerikas mitnehmen. Ich bin nun knapp drei Wochen in Chile und weiß gar nicht, wo ich beginnen soll euch zu berichten. In nur drei Wochen schon so viel Neues erlebt, viele Menschen und natürlich eine neue Familie kennengelernt, und auch schon erste Freundschaften geknüpft…

Doch ich starte ganz von vorn: Vor gefühlt so kurzer Zeit noch habe ich meine Bewerbung an AFS abgeschickt. Nun liegen insgesamt vier spaßige, informative und tolle Vorbereitungscamps hinter mir. Die Tage bis zum Abflug wurden immer weniger. Der Koffer war gepackt, es konnte losgehen.

So lange hatte man auf den Tag der Abreise gewartet, doch dann kommt der Moment, wo es heißt, Abschied zu nehmen. Meine Freunde, meine Familie, mein Zuhause, mein Alltag, mein (deutsches) Leben – einfach alles zurückzulassen und auf gut Glück hoffen, nette Menschen und eine tolle Umgebung vorzufinden.

Es war ein Wechsel aus Freude, Trauer, Ratlosigkeit und Aufregung zugleich. Mit diesen gemischten Gefühlen ging ich durch den Zoll am Flughafen, dann nach aufgeregtem Warten ab ins Flugzeug. Als es endlich losging, waren alle Zweifel vergessen und die Vorfreude überwog.

Mit einem Zwischenstopp in Madrid flogen wir mit insgesamt fünfzehn AFS-Teilnehmern aus ganz Deutschland in die Hauptstadt Chiles: Santiago! Die lange Flugzeit verging schneller als gedacht. Es gab viel zu erzählen und wir hatten Zeit, uns etwas kennenzulernen.

Ankunft in Chile

Nach 13 Stunden Flug kam wir freitagmorgens in Santiago an. Wir brauchten erst einmal viel Zeit für die Zollabfertigung, auch Drogenspürhunde waren im Einsatz und vor der Inspektion der Koffer blieben nicht alle verschont. Nachdem allmählich immer mehr Schüler aus den verschiedenen Ländern nacheinander am Flughafen ankamen, fuhren wir mit dem Bus zum Welcome-Camp.

Wir saßen alle gespannt hinter den Fenstern, begeistert von der 6,5 Millionen-Einwohner-Stadt. Insgesamt trafen 85 Schüler aus ganz Amerika und Europa an diesem Wochenende in Chile ein. Es war wirklich toll, mit so vielen Jugendlichen aus unterschiedlichen Ländern zusammen zu treffen. Außer einem gemeinsamen Workshop blieb uns viel Zeit zum Kennenlernen und Spaß haben. Die Einen kamen später, die Anderen mussten früher los, weil sie mit dem Nachtbus zu ihrer Familie fuhren, es war ein ständiges Kommen und Gehen.

Ich verließ sonntagmorgens das Camp und flog zusammen mit drei anderen Austauschschülern dreieinhalb Stunden weiter Richtung Süden – buchstäblich an das Ende der Welt, nach Punta Arenas. Die Ankunft war erstmal erschreckend: Kälte. Regen. Nebel. Doch so hatte ich es erwartet, ich war darauf vorbereitet.

Ich freute mich riesig auf meine Gasteltern, die mich abholten und mich total herzlich empfingen. Nach ein paar ersten Fotos und der Verabschiedung der anderen drei Gastschüler ging es dann endlich ab „nach Hause“. Das Haus kannte ich von außen schon, dank Google! Sehr gespannt war ich natürlich, was mich so erwartet, wie Chilenen wohnen.

Das Haus meiner Gastfamilie ist zwar um einiges kleiner als mein pfälzisches Zuhause, aber ansonsten sehr ähnlich – wie ich es von daheim auch kenne. Sehr stolz zeigte mir meine Gastmama mein frisch gestrichenes, eigenes Zimmer, worüber ich mich sehr freute. Dann aßen wir zusammen, erzählten, machten eine kurze Stadtrundfahrt (wenn auch bei strömendem Regen), gingen ins Café… Ein richtig toller erster Tag!

Meine Gasteltern sind sehr nett und ich verstehe ich mich richtig gut mit ihnen. Sie sind unendlich besorgt um mich und als Einzelkind ist es eine ganz neue Erfahrung. Wir haben in den vergangenen Tagen schon viel gemeinsam unternommen und sie versuchen mir, alles Wichtige zu erklären und zu zeigen. Auch hatten sie sich schon vor meiner Ankunft um meine Schuluniform gekümmert, den Termin bei der Schneiderin vereinbart, alles Wichtige war von ihnen schon geregelt.

Mit meiner Gastmama spreche ich Spanisch, was noch eine sehr große Herausforderung für mich ist –  mit meinem Gastpapa kann ich mich, wenn’s „brennt“ auf Englisch unterhalten. Das ist für mich richtig toll und vereinfacht am Anfang vieles. Trotz dessen ich weder Gastgeschwister, noch irgendwelche Haustiere habe, war mir bis jetzt noch selten langweilig. Mein Gastpapa kocht sehr gerne und wir haben bereits einiges typisch Chilenisches gemacht. Auch Käsespätzle gab’s schon, natürlich ein originales Rezept meiner Oma aus Deutschland.

Erste Eindrücke von Punta Arenas und dem Schulleben

Das Prägnanteste und Auffälligste hier ist das Wetter. Vom Sommer in Deutschland in den eisigen Winter. Seit ich hier bin, hatte es immer zwischen 0 und 6 Grad, durch den Wind jedoch fühlt es sich um einiges kälter an. Für mich sind diese Temperaturen heftig, für die Menschen hier ganz normal. Während ich noch mit Winterjacke, Wollpullover, Schal und Mütze herumlaufe und fast erfriere, sind die Leute bei den ersten Sonnenstrahlen schon mit T-Shirt unterwegs. Sonne bedeutet Wärme, unabhängig von der Temperatur ;-)  Die Heizung wird abgestellt und die Jacken ausgezogen. Ich merke den Unterschied der Sonne kaum, für mich ist es einfach immer nur kalt.

Das Wetter ändert sich ständig. Aus der Erfahrung der ersten Tage trage ich egal bei welchem Wetter nun immer Handschuhe, Mütze und Schal mit. Im einen Moment scheint die Sonne und es ist klarer Himmel, im anderen regnet es wie verrückt, ist es eiskalt und der Wind bläst stark. Sobald ich das Haus verlasse, friere ich. Immer! Ich hoffe ich werde mich bald an dieses Klima gewöhnen, denn auch im Sommer, mit bis zu gerademal 15 Grad, brauche ich nicht an meine kurzen Hosen denken.

Ein Highlight der ersten Wochen für mich war vor allem der erste Schultag. Nachdem ich mich mit meinen miserablen Spanischkenntnissen vorgestellt hatte, wollten alle mehr von mir wissen und sie stellten Tausende von Fragen. Auch der Direktor begrüßte mich mit einem kleinen Willkommensgeschenk und sagte der Klasse, dass sie mich so aufnehmen sollen, dass ich mich wie Zuhause fühle. Wirklich alle in meinem „curso“ sind sehr nett, offen, extrem hilfsbereit und vor allem sehr interessiert.

Meine Schule hier ist eine Sache für sich. Meine Gasteltern beschweren sich über die öffentlichen Schulen in Chile, ich finde sie klasse! Der normale Unterricht ähnelt der letzten Schulwoche vor den Ferien bei uns. Das bedeutet, größtenteils wird nur erzählt und nichts gearbeitet. Im Unterricht ist es ganz normal, sein Handy zu benutzen oder Musik zu hören. In jedem Klassenzimmer ist eine Musikbox für die Pausen, damit auch da keine Langeweile aufkommt. Für die Schüler subjektiv natürlich toll, für die Zukunft gesehen eher schwierig.

Nebenbei bemerkt: In der Schule wird zwar Englisch unterrichtet, bisher bin ich jedoch nur auf einen (1!) Schüler getroffen, mit dem ich mich in Englisch einigermaßen unterhalten konnte, die anderen können leider annähernd nichts! Das ist einer der Gründe, warum viele Eltern ihre Kinder auf Privatschulen schicken, die jedoch sehr teuer sind.

Im Moment lernen wir im Sportunterricht den Nationaltanz, den wir am Nationalfeiertag in Chile am 18. September vorführen. Meiner Meinung nach ist dieser Tanz noch ein einziges Chaos. Es wird in den zwei Schulstunden viel geredet, aber nicht wirklich etwas umgesetzt. Dazu muss man noch sagen, dass zwei Schülerinnen aus meiner Klasse den Tanz mit uns üben, der Lehrer macht nur die Musik an und aus. Das reinste Chaos…!

In Punta Arenas, einer Stadt mit ca. 120.000 Einwohnern, wohne ich nicht direkt im „centro“, sondern etwas am Rand. Zu Fuß brauche ich ungefähr eine Stunde ins Zentrum. Sich hier zurechtzufinden ist jedoch nicht all zu schwer. Auf der einen Seite das Meer, auf der anderen die Berge. Da die Straßen in Quadraten angeordnet sind und dadurch alle parallel verlaufen, kann man sich hier nur schwer verirren. So habe es auch ich als Dorfkind der Südpfalz schon geschafft, die Orientierung zu finden ;-).

Besonders auffällig im Straßenbild sind die unendlich vielen streunenden Hunde. Die Menschen hier mögen sie nicht, da sie wirklich sehr lästig und auch nicht immer ungefährlich sind. Ich würde jedoch trotzdem jeden einzelnen gerne mit nach Hause bringen…

Ein bisschen enttäuscht war ich darüber, an der Küste keine Pinguine anzutreffen. Meine Klassenkameraden lachten nur darüber. Sie erzählten mir, dass fast jeder Touri denkt, dass die Pinguine hier auf den Straßen rumlaufen würden. Tatsächlich tun das hier eher die Pferde. Ich staunte nicht schlecht, als mich meine Gastmama zur Schule fuhr und Pferde frei am Straßenrand standen; am nächsten Tag traf ich sie vor unserem Haus. Es ist nichts Unnormales, dass sie mitten in der Stadt frei herumlaufen, für mich jedoch sehr gewöhnungsbedürftig.

Ich könnte euch jetzt noch ewig von irgendwelchen Geschichten oder eigenartigen Dingen schreiben, dass würde jedoch den Rahmen hier sprengen. Es ist eigentlich unglaublich, was ich in dieser kurzen Zeit schon alles erlebt habe, wirklich toll!  Bei meinem nächsten Bericht werde ich euch über das Essen und die Unterschiede zu Deutschland berichten. Bis dahin wünsche ich euch alles Gute!

Schön, dass ihr mich ein bisschen auf meiner Reise begleitet. Bis bald!

Eure Luise

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