2017-06-28 13:40:00
Bericht #8 - Frühjahr in Argentinien
Hallo liebe Metropolregion Rhein-Neckar, Ich melde mich mal wieder aus dem winterlichen Argentinien. Ehrlich gesagt hatte ich nicht so viel Lust mich an den Blog zu setzen, da es mir mittlerweile leichter fällt auf Spanisch zu schreiben und ich mich für Deutsch ein bisschen anstrengen muss. Manchmal braucht es auch ein bisschen, bis mir ein deutsches Wort wieder einfällt oder ich brauche direkt den Übersetzer. (Aber auch nur manchmal, stellt euch das jetzt nicht zu krass vor. Deutsch hört sich nur etwas ungewohnt an.)
Der Austausch neigt sich nun schon dem Ende zu, mir bleiben 3 Wochen in Argentinien. Doch seit meinem letzten Blog ist wieder einiges passiert. Wie versprochen, sind wir übers lange Wochenende vom 1. Mai (auch in Argentinien Tag der Arbeit) nach Buenos Aires gefahren, um ein Spiel der Boca Juniors gegen Arsenal anzuschauen. Meine Familie (und ich natürlich auch) ist nämlich Boca Fan. Der größte Rivale Bocas ist der Verein River Plate Buenos Aires. Das kann man etwa mit Bayern München und Dortmund vergleichen (auch wenn es kein Stadtderby ist). Später hat Boca dann zwar den „superclasico“ (Boca gegen River) verloren, aber ist jetzt Meister.
Wir fuhren also mal wieder freitags nach der Schule zu der befreundeten Familie nach Buenos Aires. Den Samstag verbrachten wir in einem Outlet, da es dort mehr Auswahl gibt und billiger ist als in Rio Cuarto. Auch ich habe ein neues Paar Stiefel und Handschuhe gekauft, da es in Argentinien doch kälter wird als ich bei meiner Abreise gedacht hatte.
Sonntags besuchten wir den weltberühmten Stadtteil „Barrio de la Boca“ und schlenderten den „caminito“ entlang, wo alle Häuser in bunten Farben angemalt sind. Es natürlich alles sehr touristisch und besteht praktisch nur aus Souvenirläden und Restaurants. In einem dieser Restaurants aßen wir zu Mittag, während zur Unterhaltung 2 Tänzer Tango tanzten. Nachdem ich mich mit den beiden ein bisschen unterhalten hatte, gab mir der Tänzer, der hauptberuflich als Tangolehrer arbeitet, auch eine kleine Einführung in den Tango argentino – ja, vor den Augen aller Restaurantgäste. Er meinte aber, dass ich Talent hätte :D
Danach mussten wir uns auch schon auf den Weg zum Stadion „la Bombonera“ (die Pralinenschachtel) machen. Es liegt inmitten des Stadtteils la Boca und ragt zwischen den Häusern hervor. Ein absolutes Muss waren natürlich auch die Boca-Trikots, die mein Vater meiner Schwester und mir im Vorbeigehen kaufte. Die Stimmung im Stadion war natürlich unbeschreiblich, es war ausverkauft, wie immer. Alle sprangen und sangen, feuerten ihre Mannschaft an. Eigentlich wie auch in deutschen Stadien. Am Ende gewann Boca 3-0.
Ansonsten geht das normale Leben weiter, Schule, feiern gehen, essen gehen… In letzter Zeit ist ein neues Restaurant in Rio Cuarto total hip geworden, es heißt „Octavia“ und sie nehmen keine Reservierungen an. Das erste Mal nahmen wir 20 Minuten Wartezeit in Kauf, als wir das nächste Mal allerdings 1 ½ Stunden warten sollten, gingen wir in ein anderes Restaurant. Also, falls ihr mal in Rio Cuarto sein solltet, ich kann Octavia und Olvidate wärmstens empfehlen.
Ende Mai war der Cirque du Soleil in Cordoba Capital. Gemeinsam mit meinen Tanten, Cousinen und meiner Oma besuchten wir die Show „Sep7imo Dia“ (siebter Tag), ein Tribut an die bekannte Band „Soda Stereo“. Ich kannte natürlich nicht alle Lieder, aber einige erkannte ich doch wieder. Die Artisten waren sehr beeindruckend, und vor allem auch ihre Kostüme. Es war ein sehr schöner Ausflug, und ich bin meiner Familie sehr dankbar dafür dass sie mich überall hin mitnehmen. Sie waren mit mir in Puerto Madryn (siehe Blog vom November) und 2 mal in Buenos Aires, nicht zu schweigen von Villa del Dique und Villa Manuel Belgrano, und jetzt auch noch in Cordoba Capital.
Im Mai organisierten wir auch eine „Pollada“ mit meiner Klasse, um weiter Geld für den „Egreso“ zu sammeln. Das heißt, wir verkauften Marken, die dann für ein Hühnchen mit Salat galten. Jeder musste mindestens 5 Marken verkaufen. Also fingen wir samstags an Kartoffeln und Karotten zu schälen und zu schneiden und grillten Sonntag morgens die Hühnchen, damit am Mittag alles fertig zum Abholen war. Ich habe noch nie so viele Hühnchen auf einem Haufen gesehen. Ohne die Hilfe der Eltern hätte das niemals funktioniert. Den meisten Teil haben eigentlich die Mütter und Väter gemacht, auch haben die meisten die Marken einfach an die Eltern weitergegeben damit diese sie an den Mann und die Frau bringen. Argentinische Jugendliche sind eben nicht ganz so selbstständig.
Ich muss bei den ganzen Aktionen nicht mithelfen, da ich beim Egreso im Dezember ja schon lange nicht mehr da bin, machte es aber natürlich trotzdem gern, um meine Klassenkameraden zu unterstützen und Zeit mit ihnen zu verbringen, und das empfehle ich auch jedem anderem Austauschschüler.
Übrigens ist mein Handy kaputt gegangen, einfach so. Ich glaube mittlerweile haben 4 von 6 Austauschschülern in Rio Cuarto ihr Handy auf irgendeine Weise verloren. Scheint eine „Austauschschülerkrankheit“ zu sein. Zum Glück hatte ich gerade eine Woche vorher alle Fotos auf den PC gespielt, sonst hätte ich alle Fotos von Argentinien verloren. Ich empfehle allen während ihres Auslandsjahrs Fotos immer auf einer Festplatte oder USB Stick zu sichern, damit das nicht passiert. Was ich auch ganz dringend empfehle, ist Tagebuch zu schreiben; ich bereue es sehr, dies nicht gemacht zu haben, aber wenigstens habe ich diesen Blog der Jungbotschafter Rhein-Neckar.
Präsentation als Jungbotschafterin Rhein-Neckar
Ich habe in der letzten Zeit zweimal Botschafter-Präsentationen gehalten. Eine, wie schon vergangenes Halb-Jahr, in der Schule meiner Schwester. Die waren wohl so begeistert, dass sie mich gleich nochmal eingeladen haben. Die andere in einer Englisch-Akademie. Wie immer waren die Kinder sehr interessiert, leider musste ich jedoch beides mal auf Englisch präsentieren (da es im Rahmen des Englisch- Unterrichts war), weshalb vielleicht nicht ganz so viel angekommen ist, wie ich gerne gehabt hätte.
Ich habe dieses Mal auch über die Gebrüder Grimm erzählt, denn den meisten Kindern ist gar nicht bewusst, dass Märchen wie Cinderella/Aschenputtel, Rapunzel und der Froschkönig keine Erfindungen von Disney sind, sondern der Großteil der Figuren in den Büchern der deutschen Gebrüder Grimm ihren Ursprung hat. Leider sind die Fotos dieser Präsentation einige der wenigen, die meinem Handy zum Opfer gefallen sind.
Nun war letztes Wochenende auch schon das letzte AFS Camp „End of Stay“ in Argentinien. Es war wie immer wieder sehr schön die anderen Austauschschüler zu sehen. Dieses Mal machten wir nicht mehr so viele AFS-typische Spiele bei denen man nicht immer weiß, wozu das jetzt gut sein soll, sondern redeten darüber wie wir uns jetzt fühlen, was wir gelernt haben, was wir vom Austausch mitnehmen, auf was für Schwierigkeiten wir zu Hause treffen könnten, usw.
Es tat gut zu hören, dass es den anderen ähnlich geht. Wir Europäer meinten z.B. alle, dass wir uns nie hätten vorstellen können uns schon ein bisschen darauf zu freuen in der Schule wirklich was zu machen und zu lernen. Aber auch nur ein bisschen. Am Sonntag kamen dann die Familien dazu und wir haben unsere Zertifikate bekommen. Und da hat man realisiert, wie wenig Zeit wirklich bleibt. Auf die Fragen von AFS und worüber wir gesprochen haben, möchte ich in meinem letzten Blog nochmal genauer eingehen. Es ist aber auf jeden Fall sehr hart und schwierig, alles zurück zu lassen.
Die Freunde, die Familie, die Gebräuche an die man sich gerade erst richtig gewöhnt hat. Dieses mal wissen wir (mehr oder weniger) was uns auf der anderen Seite erwartet, aber wir wissen nicht wann wir zurück kommen. Und wenn wir eines Tages zurück kommen, wird es nichtmehr dasselbe sein. Und es stimmt: Ein Auslandsjahr ist nicht nur ein Jahr in deinem Leben, es ist ein ganzes Leben in einem Jahr. Ein ganz anderes Leben mit anderen Freunden, in einer anderen Sprache, in einem anderen Schulsystem, in einer anderen Familie, mit anderen Gebräuchen und Werten. Aber es ist nicht besser oder schlechter, es ist anders. Und ich habe es lieben gelernt.
Ich liebe die spanische Sprache, meine Schuluniform, die Klassengemeinschaft, meine Familie, die sich wirklich wie meine echte Familie „anfühlt“, und ich liebe es mit meinen Freundinnen feiern zu gehen, zu Cumbia und Cuartetto zu tanzen. Das alles werde ich sehr vermissen.
Ich werde versuchen vor meinem Abschlussbericht nochmal einen Blog aus Argentinien zu schreiben, aber ich habe die letzten Wochen schon komplett durchgeplant. Ich muss, bzw. möchte meine Abschiedsparty organisieren, an jedem Wochenende hat ein Klassenkamerad Geburtstag und ich will meiner Familie in Deutschland natürlich auch etwas mitbringen.
Außerdem muss ich noch lernen, Empanadas zu machen und mich bei vielen Leuten bedanken. Denn AFS hat uns empfohlen nichts ungesagt zu lassen, denn das ist unsere letzte Chance. Über WhatsApp ist es nichtmehr das gleiche… Bis bald, Maike