2023-10-07 11:01:00
Bericht #1 – Dear Readers! How are yous?
“How are yous?” Das ist wahrscheinlich die meist gestellte Frage die ich hier zu Ohren bekomme, und nein, das “s” am Ende von “yous” ist kein Tippfehler, sondern im Irischen der Plural von “you”. Es hat etwas gedauert, bis ich das verstanden habe ;).
Ich bin nun seit sechs Wochen in Irland, und ich hätte es mir nicht besser erträumen können. Aber ich will am Anfang anfangen.
Am 25 August sind meine Eltern und ich um sechs aufgestanden, haben schnell einen Kaffee geschlürft, ich habe mich von meinem Zimmer verabschiedet und wir haben uns ins Mietauto gequetscht. Ab nach Frankfurt würde ich sagen!
Meine Aufregung ist während der Fahrt dann auch immer mehr gestiegen, gleichzeitig aber auch die Vorfreude. Im Flughafen angekommen ging es direkt zur Gepäckabgabe, wo es ein kleines Problem gab, das dazu führte, dass ich mit meinem Koffer mein Handgepäck ebenfalls aufgeben musste, und stattdessen ein kleines Beutelchen mit meinem Handy, einem Brötchen und meinem Geldbeutel mit ins Flugzeug mitnehmen konnte. Später habe ich rausgefunden, dass ich nicht die Einzige war, die ihr Handgepäck abgeben musste, das Flugzeug war wohl schon voll…
Beim Verabschieden von meinen Eltern, muss ich zugeben, habe ich ein paar Tränen und den Kloß im Hals runtergeschluckt. Ich wollte es meinen Eltern und auch mir nicht zu schwer machen.
Auf dem Weg zum Flugzeug habe ich dann auch einige andere Austauschschüler*innen getroffen, mit denen ich gut die Stunde am Gate verbringen konnte. Unser Flugzeug hatte nämlich ungefähr eine Stunde Verspätung… Der Flug verlief problemlos, ich habe die zwei Stunden ganz durch geschlafen. In Dublin angekommen wurden wir von Leuten begrüßt, die bei InterStudies, der irischen Partnerorganisation von AFS, arbeiten und in Busse gebracht, die uns nach Carlingford fuhren.
In Carlingford war unser Welcome-Camp, das von Freitagabend bis Sonntagmorgen ging. Es bestand aus einer Mischung aus ein paar Vorbereitungsseminaren und Gruppenspielen. Den kurzen Einblick, den ich von Carlingford an diesem Wochenende erhaschen konnte, war sehr schön. Die Umgebung war total irisch: hügelig, nass und sehr grün. Bei einem kleinen Spaziergang auf den nächstgelegenen Berg hatten wir einen schönen Blick auf Carlingford und das Meer.
Am Sonntag wurden meine Gastschwester aus Italien, die auch auf dem Camp war, und ich von unseren Gasteltern und unserer Gastschwester abgeholt. Wir sind ungefähr eine Stunde durch das Grüne auf kurvigen Landstraßen (die gibt es hier übrigens ohne Ende) gefahren, bis wir dann angekommen sind - in unserem neuen Zuhause für die nächsten neun Monate.
Mit meiner Familie komme ich wirklich sehr gut klar, sie sind alle total lieb und entspannt. Auch mit meiner italienischen Schwester, sie heißt Alice und ist 16, komme ich super klar, wir teilen uns ein Zimmer, was aber wirklich gar kein Problem ist. Zuerst dachte ich, dass es ein bisschen nervig werden könnte, das ist es aber überhaupt nicht. Meine Geschwister sind alle jünger als ich, Brady ist 14, Bethany ist 12, Alfie ist 9 und Arthur ist 7. Wir kommen alle seit Tag eins sehr gut miteinander klar, und wir haben jeden tag viel Spaß zusammen :)!
Wir leben hier wie fast jede Familie auf dem Land auf einer Farm. Mein Gastvater ist zusätzlich zu seinem Job als Dachdecker noch ein Farmer. Momentan hat meine Familie ungefähr 30 Kühe und vier Bullen, sie meint aber, dass dies im Vergleich zu den Jahren davor sehr wenig Kühe sind.
Wie fast alle Kühe hier sind sie über den Sommer auf der Weide und werden dann im Winter für ihr Fleisch geschlachtet. Sehr wenige Kühe hier dienen hier als Milchkühe.
Wir haben unseren ersten Tag bei der Familie eigentlich nur noch mit Auspacken verbracht. Irgendwann sind dann auch unsere restlichen Gastbrüder eingetrudelt, und am Abend haben wir dann noch unsere Gastgeschenke verteilt, die zum Glück sehr gut ankamen :).
Am Dienstag war der erste Schultag. Wir haben uns die neue Schuluniform angezogen, die wir am Tag davor gekauft haben, und sind zu siebt im Auto losgedüst: meine Gastmutter, meine vier irischen Geschwister und meine Schwester aus Italien. Wir wohnen ungefähr 5 km außerhalb vom Dorf, wo auch das “College”, also die weiterführende Schule, und die “Primary School”, also die Grundschule, sind. In der Schule angekommen haben wir auch sofort alle anderen Gastschülerinnen getroffen. Es sind tatsächlich alles Mädchen, darunter sind drei andere deutsch. Insgesamt sind wir 11 Internationale Schülerinnen.
Der Tag bestand eigentlich nur aus normalem Unterricht und einer Einleitung ins “Transition Year”. Das Transition Year (TY) ist das Jahr zwischen dem Junior Cycle (Jahr 1,2 und 3) und dem Senior Cycle (Jahr 5 und 6) an der weiterführenden Schule. Ich bin also 4th Year Schülerin, in dem ich eben das Transition Year besuche.
Das TY ist praktisch ein Jahr für alle Schüler*innen, um sich ein bisschen auf das Leben nach der Schule vorzubereiten. Zum Beispiel habe ich ein Schulfach, in dem ich auf Jobinterviews vorbereitet werde. Zusätzlich haben wir drei Praktika in diesem Schuljahr.
Die Fächer wie Mathe, Englisch oder Sport finden für uns ganz normal statt, das Pflichtfach Irisch haben wir internationalen Schülerinnen leider nicht, da es zu schwer für uns ist. Weil alle hier das Fach schon seit der ersten Klasse haben und Gälisch lernen.
Alle restlichen Fächer, die man nur im TY hat, sind als Module aufgebaut. Wir wechseln nach 10 Wochen die besonderen TY Fächer durch, und haben andere TY Fächer.
Mein Schulalltag verläuft eigentlich immer gleich, wir haben zwei Schulstunden, dann eine kurze Pause, nochmal zwei Schulstunden, dann eine längere Mittagspause, und schließlich die letzten zwei Stunden.
Nach fast zwei Wochen habe ich dann auch meine neue Freundesgruppe gefunden. Am Anfang haben wir Austauschschülerinnen alle noch sehr aneinander gehangen, aber ich habe so schnell wie es ging versucht, möglichst viel mit irischen Schüler*innen zu machen.
Außerhalb der Schule hätte ich total Lust, einem Gaelic Football Team beizutreten, leider ist jetzt aber erstmal ein paar Monate Winterpause. Hoffentlich kann ich es dann aber im Frühjahr nochmal versuchen.
Übrigens habe ich gelernt, dass hier mit “Football” gälisches Fußball gemeint ist und zu normalem Fußball “Soccer” gesagt wird. Und es ist tatsächlich so, dass wirklich alle hier GAA (Gaelic Football) über alles lieben. Fast jede Person, die ich bis jetzt getroffen habe, spielt GAA und verfolgt es auch begeistert im Fernsehen. So langsam beginne ich auch die Spielregeln zu verstehen ;).
Kurz gesagt, geht es mir super hier, und ich werde die nächsten 8 Monate noch sehr sehr viel zu berichten haben, da bin ich mir sicher!
Naja, ich glaube fürs Erste habe ich genug erzählt :).
See yous later! Venke ;)