2021-09-28 16:42:00
Bericht #1 - 5,442 Miles away
Hey, mein Name ist Henning und ich freu mich, dass du mich während meines „Auslandsabendteuer“ in den USA begleitest!
Es ist Mittwoch, sechs Uhr morgens, ich bin mit meiner Familie unterwegs zum Flughafen nach Frankfurt. Noch etwas verschlafen versuche ich, den für mich vorerst letzten Sonnenaufgang in Deutschland zu genießen. Am Flughafen angekommen fällt mir ein Banner mit der Aufschrift „Your Gateway to the world“ auf. Ich treffe auf die anderen Austauschschüler, die zusammen mit mir in die USA fliegen, das Land der Superlative und der unbegrenzten Möglichkeiten, dass mir bisher nur aus Filmen bekannt ist. Ich verabschiede mich von meinen Eltern und meinen Geschwistern und passiere die Sicherheitskontrolle. Alles ging so schnell, sodass ich rückblickend zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht realisiert hatte, worauf ich mich da genau eingelassen hatte. Glücklicherweise erleichterte mir das jedoch den Abschied ein wenig und die Vorfreude überwog. Mit einem Jahr (ursprünglich sollte mein Auslandsjahr 2020 starten) und einer Stunde Verspätung startete das Flugzeug dann endlich Richtung New York. Dass ich für ein knappes Jahr 5442 Meilen von zu Hause entfernt, in einem fremden Land auf einem anderen Kontinent, bei einer mir nur via Textnachrichten und Zoom Meetings bekannten Familie verbringen würde, wurde mir erst allmählich bewusst, als ich mich mit 38 weiteren wagemutigen Austauschschülern, von denen ich keinen länger als zehn Stunden kannte, in der Sicherheitskontrolle am New Yorker Flughafen befand.
Auf dem Anschlussflug nach Phoenix mussten wir nach dem Boarding noch fast zwei Stunden auf eine Starterlaubnis warten, da über New York ein Gewitter aufgezogen ist. Um 11 p.m Ortszeit landete ich nach einer 26-Stündigen reise total erschöpft in Phoenix, wo mich meine Gastfamilie herzlich in Empfang nahm. Zuhause wurde ich schließlich noch von den beiden Hunden meiner Gasteltern begrüßt und in meinem Zimmer erwartete mich eine Fotowand, die mich an gemeinsame Erlebnisse mit Familie und Freunden aus Deutschland erinnert.
Phoenix, Arizona – meine neue zweite Heimat. Die mit etwa 1,6 Mio Einwohner fünft größte Stadt in den USA, am Rande der Sonara-Wüste gelegen, verfügt neben der beeindruckenden Landschaft auch über eine Vielzahl an Sport und Kulturangeboten. Phoenix ist in allen vier großen Sportligen (Football, Basketball, Baseball und Eishockey) der USA vertreten und bietet zahlreiche Musikveranstaltung, Museen und Restaurants. Darüber hinaus ist die Stadt besonders für die luxuriösen Hotelresorts und die zahlreichen Golfplätze bekannt. Aufgrund der Nähe zu Mexiko ist besonders mexikanisches Essen sehr beliebt und meine Gastfamilie hat sogar einen „Taco-Tuesday“ etabliert. Sehr zu meiner Freude. Wir haben uns außerdem vorgenommen zwischendurch auch einige deutsche Gerichte zu kochen. Generell passen meine Gasteltern besser zu mir, als ich es mir hätte erträumen können. Ich kann mit ihnen offen über alles reden, wir verbringen viel Zeit miteinander und haben gemeinsam jede Menge Spaß, egal ob beim Kochen, beim Filme Abend, beim Brettspiele spielen, beim Mario Kart zocken oder beim Tischtennis Match in der Küche. Wir führen sogar eine Gewinnstatistik, um am Ende meines Auslandsjahres einen Gesamtsieger zu küren. Außerdem haben wir eine „Movielist“ mit über 70 „must have“ Filmen – Ich bin gespannt, wie weit wir kommen.
Phoenix wird oftmals auch als Tal der Sonne bezeichnet oder um es in den Worten von Guns N‘ Roses auszudrücken „Paradise City“. Zumindest was das Wetter betraf, war meine erste Woche hier jedoch nicht paradiesisch. Weil wir uns zu diesem Zeitpunkt in der Monsun Saison befanden, war es ungewöhnlich verregnet und das Wetter ähnelte dem in Deutschland. In den nächstenWochen war es deutlich heißer und ich spürte, was es bedeutet, in der Wüste zu leben – die Trinkflasche ist dein ständiger Begleiter. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass ein Großteil der Haushalte in Phoenix hat einen eigenen Pool. Bedingt durch das Klima unterscheidet sich auch die Tierwelt von der mir bekannten und so war es ein Schock, als mein Gastvater plötzlich einen Skorpion in unserer Garage entdeckte.
Nichtsdestotrotz fühle ich mich hier sehr wohl, was vor allem auch an der offenen, hilfsbereiten Art der Menschen liegt, denen ich bisher begegnet bin. Mein Jetlag war nicht so extrem wie erwartet und an die englische Sprache habe ich mich ebenfalls schnell gewöhnt. Lediglich als im Kino plötzlich ein Trailer auf Deutsch mit englischem Untertitel gezeigt wurde, war ich kurzzeitig etwas verwirrt. Im Allgemeinen waren die kulturellen Unterschiede zu Deutschland bisher erstaunlich gering. Trotzdem gibt es einige Besonderheiten. Während meines gesamten Aufenthalt hier habe ich noch kein eines mal öffentliche Verkehrsmitteln genutzt (Zur Erinnerung, ich lebe in der 5. Größten Stadt der USA), was unter anderem an dem im Vergleich zu Deutschland spärlichen ÖPNV Angebot liegt. Dadurch bedingt haben Autos in den USA einen anderen Stellenwert als in Deutschland. Das erklärt auch, warum man hier bereits ab 16 Jahren alleine Auto fahren darf. Ein Weiterer unterschied zu Deutschland ist, dass die Supermärkte in den USA üblicherweise 24/7 geöffnet haben. Das habe ich erfahren, nachdem mich mein Gastvater an einem Sonntag fragte, ob ich ihn beim einkaufen begleiten wolle und ich ihn daraufhin ungläubig fragte ob die Supermärkte sonntags denn nicht geschlossen haben.
Eine andere Tücke des Alltags hier sind die Preise, die in der Regel ohne Steuern angegeben werde, was zu unangenehmen Überraschungen an der Kasse führen kann. Ebenso wie die üblichen 20% Trinkgeld im Restaurant. Grund dafür ist, dass die Bedienungen oftmals nur sehr schlecht bezahlt werden und daher auf das Trinkgeld angewiesen sind.
Außerdem wirkt vieles etwas überdimensioniert. Beispiele gefällig? – Die Kühlschränke erinnern mich aufgrund ihrer Ausmaße eher an Gastronomiekühlschränke als solche, die für den privaten Gebrauch gedacht sind und die Pick-up-Trucks mit ihren riesigen Reifen sind teilweise so monströs, dass sie die Fahrbahnmarkierungen des 6-spurigen Highways überschreiten.
Die legendäre amerikanische Highschool ist ein zentraler Bestandteil meines Lebens hier und ist nicht zuletzt ein Grund dafür, warum ich mich für die USA als Gastland entschieden habe. Die Schule startete zwar erst zwei Wochen nach meiner Ankunft, aber als Mitglied des Schul-Schwimmteams hatte ich schon in den Sommerferien Training und konnte so bereits einige Kontakte schließen.
Von meinem Alltag an einer Highschool der etwas anderen Art werde ich euch in meinem nächsten Blog berichten. Ihr dürft also gespannt sein.
Viele Grüße aus Phoenix! Bleibt gesund!
Euer MRN-Botschafter Henning