2021-01-13 13:24:00
Bericht #6 – Weihnachten in einem anderen Land
Heya,
und damit ein herzliches Willkommen zu meinem nächsten Blog, genauer gesagt zu meinem sechsten. Ich bin jetzt schon 4 Monate, 1 Woche und 2 Tage in Irland und diese Zeit ist so unglaublich schnell vorbei gegangen, dass es sich wie gestern anfühlt, dass ich meine Familie verabschiedet habe und in den Flieger eingestiegen bin. Doch ich habe bisher schon so viel erlebt, und ich bin für jeden Moment dankbar, den ich hier in Irland erleben darf. Ich weiß, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, so ein Leben leben zu dürfen. Ich genieße es hier mit jedem Atemzug, auch weil die Menschen um mich herum es mir einfach machen mich wohlzufühlen.
Auf jeden Fall wurde mit der Zeit Corona in Irland viel besser und man hatte das Gefühl, dass die Weihnachtszeit einfacher werden könnte, als die Wochen zuvor. Die Weihnachtszeit begann damit, dass der Weihnachtsschmuck im Haus aufgehängt werden musste. Dafür habe ich den Weihnachtsschmuck vom Dachboden heruntergebracht und habe ihn mit der ganzen Familie im Haus verteilt. Insgesamt gab es 6 große Kisten mit Schmuck für die wir einen halben Tag gebraucht haben, doch wenn man dann im Haus rumläuft kommt man in riesengroße Weihnachtsstimmung. Im Haus hängen 8 Lichterketten, Weihnachtsschmuck in Form von kleinen Gegenständen und bunte Girlanden. Natürlich haben die Iren auch einen Weihnachtsbaum, den ich mit meinem Gastvater am 5. Dezember geholt habe. Somit ist meine Familie in Irland viel früher dran als meine Familie in Deutschland mit dem Weihnachtsbaum holen. Diesen Weihnachtsbaum habe ich am 7. Dezember mit meinem Gastbruder Harry aufgestellt und zusammen mit Katie geschmückt. Frauen haben einfach ein Auge dafür, dass es gut aussieht, wenn es heißt, etwas zu schmücken. Nachdem das Haus geschmückt war, gab es erstmal eine Erholung, in Form von einer heißen Tasse Tee mit Keksen.
Auf der Farm gibt es zwei Wohnzimmer, allerdings wird eines davon nur zu Weihnachten genutzt. Eine kleine Ausnahme gab es, und zwar meine Quarantäne-Zeit, die ich auch in diesem Zimmer absolviert hatte, um keinem zu nahe zu kommen. In dieses Zimmer stellten wir dann auch einen Fernseher, denn die Weihnachtszeit wird bei den Iren genutzt, um gemeinsam mit der Familie Filme zu schauen. Außerdem gibt es in diesem Zimmer auch einen Kamin und wenn der beheizt wird, ist es schön warm und kuschelig. Dadurch, dass die erste Person, die morgens nach unten geht, die 3 Kamine anmachen muss, trifft diese Aufgabe meistens auf meine Gastmutter oder mich. Normalerweise schlafe ich am Wochenende länger, jedoch habe ich mich in Irland an einen anderen Schlaf-Rhythmus angepasst. An Schultagen ist es anders, da meine Gastschwester und ich nicht so viel Zeit haben morgens, macht es meistens meine Gastmutter. In der Schule schrieben wir noch ein paar Tests, die ich erfolgreich absolvierte und wir hatten auch zwischendrin ein paar Tage frei, da die Lehrer ein Training hatten. Das ist vergleichbar mit Fortbildungen oder dem Pädagogischen Tag in Deutschland. Einen dieser freien Tage nutzte ich, um mit meiner Gastmutter nach Cavan zu fahren und Weihnachtsgeschenke für ihre Söhne einzukaufen. In Irland ist es üblich, dass die Mutter ihren Kindern zu Weihnachten Pullover schenkt. Wir haben nur Pullover für die Söhne gekauft, da meine Gastmutter ihren Töchtern Geld gegeben hat, damit diese sich selbst etwas kaufen können. Bei Mädchen/Frauen ist es oftmals schwierig das passende Kleidungsstück zu finden. Dadurch, dass in diesem Haushalt 5 Jungs leben, wurde es zum einen sehr kostspielig und zum anderen auch sehr zeitaufwendig. Nebenbei trug ich auch noch die kleine Lily, auf die meine Gastmutter aufpasst, durch den Laden. Also habe ich alle Hände voll zu tun gehabt. Nachdem wir mit dem Einkaufen fertig waren, sind wir wieder nach Hause gefahren, um das All-Ireland Finale im gaelic football zu schauen, in dem Cavan leider nicht vertreten war. Dublin hat dann wie erwartet gewonnen.
Am nächsten Tag sind wir sogar nochmal nach Cavan gefahren, weil meine Gastmutter noch etwas für ihren Mann gebraucht hat und ich habe die Zeit genutzt, um in den „Cavan-Fanshop“ zu gehen und mir ein Trikot zu kaufen. Die weihnachtliche Stimmung hat man überall wahrgenommen, da sich jeder auf das Fest gefreut hat. In der Schule haben wir dann auch in der letzten Woche angefangen Weihnachtsmusik und -filme zu hören und zu schauen. Dazu gab es auch noch 2 Tage in denen man nicht in der Schuluniform in die Schule gehen musste. An dem einen Tag hat jede Klassenstufe eine Farbe zugeteilt bekommen, um auf das Thema LGBT (Schwule, Lesben, Transgender und Bi-Sexuelle) hinzuweisen und man musste sich dementsprechend anziehen. Meine Klassenstufe, das 5th year, bekam Blau und fast jeder Schüler machte mit.
Der andere Tag, war der „Christmas Jumper Day“ an dem man mit einem Weihnachtspullover in die Schule kommen sollte, wenn man einen besitzt. Weder ich, noch meine Gastfamilie hatte einen, weswegen ich einen von meinem Kumpel Keegan auslieh. Ein paar Tage vor Weihnachten sind meine Gastmutter, meine beiden Gastschwestern, Olivia, die Tochter von Mary, und ich ins 36 Kilometer entfernte „Navan“ gefahren, um Geschenke einzukaufen und uns ein bisschen umzuschauen. In „Navan“ gibt es nämlich ein riesengroßes Einkaufzentrum mit vielen Geschäften.
Ich brauchte noch ein Geschenk für Kieran, den Freund von Mary. Dadurch, dass wir so viele in der Familie sind, macht meine Familie jedes Jahr ein sogenanntes Wichteln. Dafür nimmt man ein Gefäß und in dieses schüttet man Zettel mit den Namen der Familien-Mitglieder hinein und jeder zieht reihenweise einen Namen raus, für den man ein Geschenk besorgen muss.
In der Weihnachtszeit rannte ich auch oftmals mit meinem Gastbruder, um uns vor dem riesengroßen Essen an Weihnachten, fit zu halten. Am 24. Dezember war es dann soweit und „Christmas Eve“ stand vor der Tür, jedoch ist dieser Tag nicht wirklich so besonders in Irland wie in Deutschland. An diesem Tag haben wir schonmal ein paar Vorbereitungen für den nächsten Tag in Sachen Essen getroffen. Eine wichtige Sache: Wir mussten den Truthahn vorbereiten. Denn dieser muss 16 Stunden vor dem Essen fertiggestellt werden. Ansonsten hatte ich am Abend einen Video-Call mit meiner Familie bei dem ich meine Geschenke ausgepackt habe. Danach verbrachten wir den Abend mit der ganzen Familie, schauten Filme und unterhielten uns. Die Geschenke werden nämlich am nächsten Tag aufgemacht, genau sowie das große Essen erst am nächsten Tag stattfindet.
Am nächsten Morgen trafen wir uns dann unten im Wohnzimmer und fingen an die Geschenke auszupacken. Jedoch wartete man nicht bis einer ausgepackt hat, sondern alle packten gleichzeitig aus, aber man zeigte diese selbstverständlich allen. Alle waren sehr glücklich und man sah das strahlen in allen Augen.
Nachdem alle Geschenke ausgepackt waren, fingen wir an das Essen vorzubereiten.
Eines der großen Dinge war es die Kartoffeln zu waschen und anschließend zu schälen. Insgesamt hatten wir ungefähr 80 Kartoffeln die meine Gastbrüder und ich schälten. Wir standen über 2 Stunden in der Küche und verarbeiteten die Kartoffeln zu Kartoffelbrei.
Nach und nach füllte sich das Haus mit Familien-Mitgliedern und jeder machte sich hübsch.
Wir waren insgesamt 12 Menschen an diesem Tag, jedoch sind das nur Familieangehörige.
Jeder hatte sich auf das Essen gefreut und es war einfach nur riesig.
Damit ihr euch das besser vorstellen könnt – das irische Weihnachtsessen:
Vorspeise: Melone und Gemüse-Suppe
Hauptspeise: Truthahn, Kartoffelbrei, Erbsen, Möhren und Gravy (schwarze Soße)
Nachspeise: Irischer Kuchen und Pudding
Nach der Suppe war man schon gesättigt, doch das eigentliche Essen stand noch bevor. Doch jedem hat es geschmeckt und es war herrlich, aber auch mal etwas anderes zu den sonstigen Weihnachtsessen in Deutschland. Aber aus diesem Grund bin ich nach Irland gegangen, um die neue Kultur kennenzulernen und bisher bin ich extrem glücklich. Nach diesem riesigen Essen spielten wir Spiele, schauten Filme und lachten gemeinsam. Dann ging ein ganz toller Tag zu Ende und ich habe viele tolle und neue Erfahrungen gesammelt.
An den darauffolgenden Tagen haben wir dann die Reste des Weihnachtsessen gegessen und man spürte schon eine gewisse Vorfreude auf Silvester. Bis zu Silvester ist dann nicht mehr viel passiert. Außer, dass ich zusammen mit meinem Gastbruder eine Tischtennisplatte gebaut habe. Dafür haben wir den Pool-Tisch genommen und eine große Holzplatte darübergelegt. Das Netz, Schläger und Bälle hatte meine Familie schon und seitdem spiele ich mit meinen Gastbrüdern ganz oft Tischtennis. Am Tag vor Silvester sind meine Gastbrüder und ich nachts auf den „Bruise Hill“ gewandert, den höchsten „Berg“ in meiner Region. Es war extrem kalt, doch niemanden hat das gestört, denn der Moment war einfach unbezahlbar.
Silvester wird in Irland nicht wirklich groß gefeiert, denn Raketen steigen lassen ist nicht erlaubt.
Deswegen fährt meine Familie normalerweise nach Nordirland, aber wegen Corona war es dieses Jahr leider nicht möglich.
Wir haben deswegen gemeinsam Filme geschaut – mal wieder – und kurz vor Mitternacht die Neujahrsshow angemacht. Als es dann Mitternacht war hat man jeden umarmt und sich alles Gute für die Zukunft gewünscht. Dann haben wir die Show ein bisschen weiter geschaut und sind langsam ins Bett gegangen. In den letzten 2 Wochen nach Weihnachten bin ich wieder gerannt, gewandert und habe meiner Gastmutter mit den kleinen Kindern geholfen. Morgen beginnt meine Schule, jedoch online, denn über die Weihnachtsferien hat sich das Coronavirus extrem schnell verbreitet und wir hatten Zahlen von über 4000 bis hin zu 8000 Fällen in Irland. Durch diese Zahlen hat die Regierung strenge Maßnahmen getroffen. Die Schulen sind vorerst bis Anfang Februar geschlossen, keine Teamsportarten möglich und viele Geschäfte sind geschlossen.
Ich wünsche euch alles Gute und ein frohes neues Jahr. Ich hoffe ihr alle seid gut gestartet!
Bleibt gesund, froh und munter! Bis dahin.
Euer Stipendiat der Metropolregion Rhein-Neckar, Mathis Schlüchtermann