2020-01-25 14:14:00
Bericht #3 – Jul og nyttår
Hei ihr im Süden!
Ich habe jetzt einiges zu erzählen, da mein letzter Blogeintrag im November herauskam. Dezember ist definitiv die Zeit des Jahres, in der am meisten passiert.
Hier in Norwegen habe ich schon sehr früh die Weihnachtsstimmung gemerkt: Noch vor dem ersten Dezember wurden beinahe alle Häuser mit Lichterketten und Sternen geschmückt und im Stadtzentrum wurde der Weihnachtsmarkt aufgebaut. Dessen Highlight war ein gigantischer Weihnachtsbaum mit gebasteltem Schmuck von Kindergärten, was ich total niedlich fand. Es gab ein paar kleine Stände mit verschiedenen gestrickten Dingen, zum Beispiel Handschuhe, die hier sehr beliebt sind oder Schokolade. Da hier beinahe alle ihr Weihnachtsessen selbst zubereiten, gab es ziemlich viele Stände mit Zutaten für das Festmahl. Die faulen Leute haben immer noch die Möglichkeit, sich einfach die Tiefkühlpizza „Grandiosa“ zu kaufen (was tatsächlich sehr viele tun). Außerdem gab es ein großes Zelt, in den man sich gemütlich an ein Feuer setzen und essen und trinken konnte. Ich hatte leider nur einmal Zeit, dorthin zu gehen, aber das war wenigstens mit ein paar anderen Austauschschülern und sehr „koselig“ ? Auch wenn es sehr nett war, muss ich aber zugeben, dass die deutschen Weihnachtsmärkte unvergleichbar sind!
Eine andere verbreitete Tradition sind die „nissespillinger“. Ich habe ja schon von den kleinen Schulbands (oder „Korps“) erzählt: diese bekommen Aufträge von zum Beispiel der Schule oder Einkaufszentren, um ein paar Weihnachtslieder zu spielen und so gute Stimmung zu verbreiten. Von unserem Korps haben ungefähr zehn teilgenommen, darunter meine Gastgeschwister und ich. Das war die perfekte Möglichkeit für mich, ein paar norwegische Weihnachtslieder zu lernen. Ich kann jetzt jedenfalls die Melodien… Tatsächlich fällt es aber auf, wie viele Lieder eigentlich aus Deutschland kommen und manchmal etwas abgeändert wurden. Außerdem gab es oft „pepperkake og gløgg“, Pfefferkuchen und Punsch (ohne Alkohol), was beides aber um einiges besser schmeckt als in Deutschland! Allein das war es wert, in Kälte und Schnee zu stehen und zu versuchen, mit gefrorenen Fingern Klarinette zu spielen.
Am letzten Schultag hat meine Klasse ein gemeinsames Frühstück veranstaltet, und wir haben eigentlich nur noch gegessen, geredet und Weihnachtslieder gehört, bevor wir wieder nach Hause gegangen sind. Ein paar Tage später haben meine Gastfamilie und ich unsere Sachen gepackt und sind nach Tydal auf die Hütte gefahren. Leider lag nicht besonders viel Schnee, da es die Wochen vorher nur geregnet hatte. Jedenfalls hatten wir so genug Zeit, das Haus auf den Kopf zu stellen und Weihnachtsschmuck in alle möglichen Winkel zu hängen. Außerdem haben wir viele verschiedene Sorten Plätzchen gebacken, aber am meisten „pepperkake“ und Vanillekipferl ?.
Am 23. Dezember, dem „lille julaften“, sind wir alle zum Bruder meiner Gastmutter an die Grenze zu Schweden gefahren. Es ist eine Tradition meiner Gastfamilie, zusammen den norwegischen Haferbrei (oder unsere Variante mit Reis), „grøt“, zu essen. Ich kannte diesen Brauch tatsächlich schon, und zwar aus einem Buch von Astrid Lindgren: Man kocht einen großen Topf grøt und eine Mandel wird darin versteckt. Wer später die Mandel auf dem Teller hat, dem wird eine Hochzeit im nächsten Jahr vorhergesagt (oder bekommt ein kleines Geschenk ?) Dieses Mal hat es aber sehr lang gedauert, bis ein Gewinner gekürt werden konnte, denn niemand hat etwas gesagt bevor alle fertig und satt waren, und auch dann haben manche nur aus Spaß gesagt, sie hätten die Mandel. Letztendlich war es einfach nur verwirrend und erst nach einer halben Stunde hat sich mein Gastonkel als Besitzer der Mandel preisgegeben. Ich habe auch Geschichten gehört, dass die Mandel aus Versehen mitgegessen wurde oder ganz unten im Topf war, sodass alle mehr essen mussten als gesund war. Jedenfalls haben danach alle ein paar Runden Bingo gespielt und die Gewinner (unter anderem ich) konnten sich ein wenig Taschengeld verdienen. Als wir wieder zuhause waren, haben wir uns den Film „The Nightmare before Christmas“ angesehen, auch etwas, das meine Gastfamilie jedes Jahr macht.
An Heiligabend haben sich alle Großeltern bei uns versammelt und meine Gasteltern haben das Essen vorbereitet. Währenddessen haben wir anderen „Tre nøtter til askepott“ geschaut. Auch ein interessantes Erlebnis, denn die norwegische Version hat nur einen Mann, der alle Stimmen spricht, was manchmal sehr merkwürdig, aber lustig ist… Es gab „ribbe“ (Schweinerippchen), die ich mich nicht getraut habe zu probieren, aber dafür hatte ich sehr gute vegetarische Frikadellen. Ribbe ist eines der traditionellen norwegischen Weihnachtsessen, außer „pinnekjøtt“ (Lammfleisch) und Kabeljau. Alles war sehr lecker, hat aber auch dementsprechend Zeit und Arbeit erfordert. Später haben wir beinahe zwei Stunden Geschenke verteilt und die Großeltern sind auch ein paar Mal leicht weggenickt. Verständlich, essen macht müde ?. Ich habe mehr bekommen, als ich erwartet hatte, unter anderem ein Wollpullover, Schokolade und sechs Paar Wollsocken. Mehr kann man sich in Norwegen wirklich nicht wünschen! Meiner Gastfamilie habe ich Schokolade, ein selbstgebasteltes Notizbuch und ein Spiel geschenkt.
Bevor wir wieder zurück nach Trondheim gefahren sind, haben wir eigentlich nur noch gegessen und sind ein bisschen Ski gefahren, nachdem es dann doch noch genug geschneit hatte. An Silvester haben wir Besuch von einer befreundeten Familie bekommen und wir haben zusammen gegessen und Wunderkerzen angezündet ?. Wir hatten kein „richtiges“ Feuerwerk, aber da wir eine große Terrasse haben, konnten wir die ganze Stadt überblicken, was mindestens genau so toll aussah. Ansonsten sind wir mit Regen in das neue Jahr gestartet, typisch Trondheim… Aber wir haben noch relativ lang das Spiel gespielt, das ich meiner Gastfamilie geschenkt habe, gegessen und geredet.
Ich finde es ziemlich spannend, dass hier in Norwegen Tradition so großgeschrieben wird. Sogar mehr als in Deutschland, wie ich manchmal das Gefühl habe. Deshalb freue ich mich sehr auf den 17. Mai, den Nationalfeiertag Norwegens (außerdem wird es dann heller und hoffentlich wärmer sein…).
Ich hoffe, euch allen geht es gut ?
Hilsen fra Norge, Liv