2019-12-30 15:29:00
Bericht #4 – Ein unvergessliches Weihnachten
Hallo Metropolregion,
Ich hoffe ihr hattet alle eine wunderschöne Weihnachtszeit und ein schönes Weihnachtsfest. Meines war definitiv fantastisch! Aber darüber möchte ich später ein wenig erzählen, denn die ganze Vorweihnachtszeit gab es ja auch noch.
Für die Dänen ist Weihnachten eine wirklich wichtige Zeit und es auch ganz besonders. Denn die „Nisser“, spielen eine wichtige Rolle in der dänischen Kultur. Ein „Nisse“ was so viel wie ein „Wichtel“ ist, leben überall in Dänemark und lieben „Risengrød“ („Milchreis“). Nach den Mythen soll man ihnen eine Schale Milchreis auf den Dachboden stellen, damit sie was zu Essen bekommen. Sie darstellen quasi den Zauber von Weihnachten, bis dann der Weihnachtsmann, der angeblich in Grönland wohnt, die Geschenke an Heiligabend bringt. Meine Gastfamilie liebt Weihnachten und deswegen haben wir Ende November die 8 Kisten Weihnachtsschmuck rausgeholt und das ganze Haus damit geschmückt. Jetzt haben wir um die hundert „Nisser“ in unserem Haus verteilt. Sie sind wirklich überall, hängen von der Decke, stehen auf dem Tisch oder sind auf der Tischdecke! Also insgesamt sind sie nicht zu übersehen.
Zudem habe ich mit meiner Familie geholfen in unserem Dorf eine kleine „Weihnachtsstadt“, Nachbildung mancher Häuser des Dorfes, aufzubauen und mit Lichterketten zu beleuchten. Auch dort sind einige Nisser zu finden.
Wenn es nicht gerade Nisser sind, lieben es die Dänen alles zu „verweihnachtlichen“ indem sie das Wort „Jul“ („Weihnachten“) vor alles setzen. Egal ob „Julekager, Julesang, Julehygge,…“, hauptsache Jul. Eine dieser Sachen ist auch das „Julefrokost“ (übersetzbar mit „Weihnachtsmittagessen“), welche eine sehr beliebte Tradition mit Familie oder Freunden im Dezember ist. Das Prinzip ist, dass man sich zum entweder Mittag- oder Abendessen trifft und dabei ganz viel Schnaps trinkt. Ich selbst, war auf 3 Julefrokoster, 2 mit meiner Familie und eins mit meiner Klasse, da es an meiner Schule normal ist, dass die Klassen welche zusammen halten. Bei dem Klassenfest, war es so abgemacht, dass alle etwas bestimmtes zu Essen mitbringen, wogegen bei dem Familienessen, die Person, die eingeladen hat, das Essen in einem ganz besonderen Plan vorbereitet. Denn das traditionelle Essen eines Julefrokosts ist Schwarzbrot mit verschiedenen Belägen. Dabei wird zuerst eine Fischrunde serviert mit zum Beispiel Lachs und Garnelen. Danach kommt die Fleischrunde, mit ganz vielen Sachen wie Frikadellen, Schinken, Leberpaste. Als Abschluss gibt es noch eine Runde Käse mit Keksen und verschiedenen Weihnachtsplätzchen. Das ganze Vorgehen kann sich schon auf mehrere Stunden herauszögern und die Erwachsenen probieren sich durch alle möglichen Schnaps aus den verschiedenen Region Dänemarks.
Ein weiterer Bestandteil des Weihnachtsalltages hier in Dänmark ist der „Julekalender“, quasi ein Fernseher „Adventskalender“, welcher in den meisten skandinavischen Ländern ein Ding ist. Das heißt jeden Tag kommt eine neue Folge raus und so baut sich eine Geschichte über 24 Tage auf. Meine Familie und ich haben die 2.Staffel eines Kalenders geschaut und der hieß „Tinka og kongespillet“ („Tinka und das Königsspiel“), der sich um einen Nisse namens Tinka handelte, die in einem Königsspiel den Thron gewinnen musste mit der Hilfe ihres Menschenfreunds Lasse.
Meistens handeln die Kalender um Nisser und Menschen zusammen und irgendwas Magisches. Wir versuchten auch einen älteren Kalender zu schauen, aber die Zeit war so schnell, dass wir es irgendwie vergessen hatten fertig zu schauen.
Ich glaube „Tinka“ war der einzig neue Kalender in diesem Jahr, die anderen Sender sendeten ältere Kalender nochmal oder es passiert auch oft, dass sie einfach Kalender aus Schweden und Norwegen exportieren und einen dänischen Untertext dazu setzten.
Neben dem Fernseherkalender, gibt es natürlich auch noch Adventskalender. Ich hatte einen Kinder-Schokoladen-Kalender von meiner Familie geschenkt bekommen und zudem gibt es hier in Dänemark für Kinder noch die „Adventsgeschenke“. Das bedeutet jeden Adventssonntag, haben meine Gastschwester und ich eine kleine Schnitzeljagd im Haus bekommen und dann kleine Geschenke gefunden, wie zum Beispiel ein Lebkuchenherz mit Motiven drauf oder einen Nagellack.
Insgesamt habe ich im Dezember sehr viele Geschenke bekommen, da mir meine Familie aus Deutschland auch ganz viele Sachen geschickt hatte.
Bevor ich zum wichtigsten Teil, Heiligabend, komme, möchte ich euch noch ein wenig über 3 andere Erlebnisse berichten.
Das Erste habe ich am 29. November erlebt, denn dort habe ich mit den anderen Austauschschülern meiner Schule und unserem zuständigen Lehrer das Broadway-Musical „The book of Mormon“ besucht. Zuerst hatte ich nicht wirklich die Motivation dazu, denn wir hatten am Abend noch ein Schulfest und ich dachte es würde mir halt einfach zu viel werden, aber nach dem Musical war ich unglaublich froh dass ich mitgenommen wurde. Schließlich wurde es mir ja auch von der Schule bezahlt. Und ich muss sagen, dass es wirklich ein unglaublich gutes Stück war und ich sehr viel Lachen musste. Es ging um zwei Mormonen-Jungen, welche sich gar nicht verstehen, die zu ihrer Mission nach Afrika in ein armes Dorf geschickt werden und dort die Leute konvertieren sollen. Das Stück war auf eine total lustige Weise gemacht und alle Künstler waren wirklich sehr talentiert. Dieses Muscial hat mir gezeigt, dass egal ob es vielleicht nicht direkt lustig klingt und ich keine Motivation habe, ich es trotzdem ausprobieren sollte, denn es kann mich immer noch überraschen auf eine positive Art.
Das Zweite Erlebnis ist ebenfalls ein Musical, dass ich am letzten Schultag vor den Ferien mit meiner Kontaktperson und ihrer Familie anschauen durfte. Dieses Mal war es ein Familientheater in Aarhus, mehr auf Kinder ausgelegt und dänisch, aber es war trotzdem eine genauso wunderschöne Erfahrung. Denn die Geschichte war ein alter „Julekalender“ aus dem Fernseher namens „Pagten“, wo es um einen Junge ging, der den Schulnissern helfen muss, einen „Liebespackt“ wieder zu finden, bevor die böse Eishexe alle einfrieren kann. Was mir an diesem Stück so gut gefallen hat, ist, dass man gesehen hat, dass die Darsteller wirklich Spaß daran haben und die sich viel Mühe für das Bühnenbild gemacht wurde. Zudem war es nicht ein einfaches Musical, es wurde versucht das Publikum manchmal mit einzubinden in zum Beispiel Songs, denn jeder kannte ja die Lieder.
Mein drittes Erlebnis spielt ebenfalls wie die zwei Vorherigen in Aarhus. Denn am 3.Adventssonntag haben meine Gastamilie und ich die „gamle by“ („alte Stadt“) dort besucht in ihrem Weihnachtsglanz. Die „gamle By“ ist ein Freilichtmuseum in der Mitte der Stadt, mit ganz vielen original alten Häusern, aus ganz Dänemark, die dorthin gebracht wurden. Dabei fängt man in einer ganz frühen Zeit von ungefähr 1650 an und je weiter man durchläuft, desto neuer werden die Häuser bis man schließlich ca. in den 1970ern ankommt. In der Weihnachtszeit ist das Thema natürlich Weihnachten und in den verschiedenen Häusern wird erzählt wie Weihnachten in dem bestimmten Jahr aussah. Zudem gibt es ganz viel Weihnachtsdekoration. Glühwein zu kaufen oder ”æbleskiver”, welche hier sehr beliebt zur Weihnachtszeit sind. Es sind quasi Pfannkuchen in Kugelform, die man dann in Marmelade und Puderzucker tunkt.
Nun möchte ich zum wichtigen Teil kommen. Weihnachten. Und zu Weihnachten gehört natürlich auch ein Weihnachtsbaum dazu. Meine Gastfamilie und ich machten uns am 21.Dezember auf den Weg um unseren perfekten Weihnachtsbaum zu finden. Erstaunlicherweise fanden wir ihn auch schon nach einer halben Stunde auf einer nah gelegenen Weihnachtsbaum Plantage. Dazu solltet ihr wissen, dass Dänemark der weltweit größte Exporteur von Weihnachtsbäumen ist und es hier sehr viele Plantagen sind. Ein wenig wie die Weinreben bei uns in der Heimat.
Also haben wir unseren nur gerade 3,6 Meter hohen Weihnachtsbaum gefällt und sind wieder nach Hause gefahren. Dort haben wir ihn in unserem Wohnzimmer aufgestellt und schließlich mit ganz viel Weihnachtsbaumschmuck vollbehängt. Ein Konzept gab es nicht, einfach so viel wie möglich drauf und die Nisser und die dänischen Flaggen durften natürlich auch nicht fehlen! So gut wie jeder Weihnachtsbaum hier hat Flaggen-ketten, denn wie ich schonmal erwähnt hatte, sind die Dänen sehr stolz darauf und lieben sie wirklich sehr.
Dann waren es auch nur noch 2 Tage bis zu Weihnachten. Am 23. bin ich nochmal in die Stadt um ein letztes Geschenk zu finden und mich mit Freundinnen zu treffen um ein wenig „Weihnachtshygge“ zu genießen. Ich war total aufgeregt auf den nächsten Tag und auch froh, dass mich das sogenannte „Weihnachtstief“ von Austauschschüler nicht getroffen hatte. So sollte es glücklicherweise auch bleiben und ich muss sagen, dass dieses Weihnachten hier in Dänemark, einfach fantastisch war!
Heiligabend begann mit einem leckerem Weihnachtsfrühstück, zu dem ich Apfelpfannkuchen gebraten hatte und es auch Rührei gab. So konnte der Tag nur gut starten. Danach haben wir einfach einen schönen Vormittag genossen, ein wenig Essen für den Abend vorbereitet und uns fertig gemacht. Schließlich ist die ganze Familie gegen 3 bei uns im Haus angekommen und wir waren 12 Personen. Zuerst saßen wir im Wohnzimmer zusammen, haben Plätzchen gegessen und einfach geredet. Um 4 Uhr haben wir dann die Disney-Show geschaut, da meine Familie dass so traditionell macht. Irgendwann sind wir dann in das Esszimmer und haben uns an den Tisch gesetzt und gegen 18 Uhr haben wir dann angefangen zu essen. Eine Besonderheit war, das jeder eine lange Kerze vor sich stehen hatte, die alle gleichzeitig angezündet wurden, denn der, mit der längst leuchtende Kerze, gewinnt ein kleines Geschenk. Meine Kerze war leider die zweite die am schnellsten ausging. Als Essen gab es Ente, Rotkohl, Weißkohl, Kartoffel und eine dänische Spezialität, die braunen Kartoffeln. Das sind quasi Kartoffeln in Karamell, deswegen bin ich leider kein großer Fan davon, da ich Karamell nicht wirklich mag. Jedoch ist es sehr traditionell das zu Weihnachten mit dem Rotkohl zu essen und es hat ansonsten auch wirklich gut geschmeckt. Was mich selbst überrascht hat, ist das man hier in Dänemark oftmals Chips zur Hauptspeise isst, was ich in Deutschland eher als Vorspeise-snack kenne.
Nach einer kleinen Pause, gab es den sehr traditionellen dänischen Nachtisch. Ris a la mande, ein Milchreis mit gehackten Mandeln und einer ganzen Mandel, denn wer die Mandel findet, bekommt das Mandelgeschenk. So wie ihr es vielleicht lest, lieben es die Dänen Geschenke zu geben und bekommen. Für diejenigen die kein Milchreis mögen, gab es Eis. Zudem gab es auch einen „Ris a la mande Kuchen“, jedoch hatte ich so viel gegessen, dass es einfach nicht gepasst hat mehr! Das Mandelgeschenk hat meine Gastoma gewonnen gehabt, aber sie war so nett und hat es mir geschenkt! Es war eine typische dänische Figur, was ich vielleicht ein anderes mal erklären werde.
Nach dem Essen hat mein Gastvater alle Geschenke unter den Baum gestellt und die echten Kerzen auf den Baum gestellt und angezündet. Danach sind wir alle ins Wohnzimmer um den Baum zu bestaunen und schließlich kam der merkwürdigste aber auch witzigste Part des Abends. Das um den Baum tanzen, von dem ich so viel gelesen hatte. Und ja es ist Wirklichkeit, die Dänen tanzen um den Weihnachtbaum. Das heißt jeder hat ein Sangheft in die Händebekommen, man hat eine Hand auf die Schulter des Anderen gelegt und der Älteste hat damit begonnen sich ein Lied zu wünschen bis wir beim Jüngsten ankamen. Dabei geht man rund um den Baum. Als Abschluss wird ein ganz bestimmtes Weihnachtslied gesungen und man „rennt“ hintereinander durch das Haus, durch alle Räume. Das ganze hat ungefähr eine halbe Stunde gedauert, da wir alle Lieder zur ersten und letzten Strophe verkürzt hatten. Es war eine total komische, aber schöne Erfahrung für mich!
Also war es schon gegen zehn Uhr und so begannen wir mit der Bescherung. Meine Gastschwester hat nach und nach die Geschenke unter dem Baum rausgeholt und verteilt. Und es war eine riesige Menge! So dass wir bis halb eins dort saßen und Geschenke auspackten!
Bis dann alle weg gefahren sind und ich schließlich schlafen gegangen bin, war es auch schon 2 Uhr.
Und ich bin wirklich froh diese Erfahrung gemacht zu haben, denn es war ein wunderschöner Tag mit wundervollen Menschen und ich werde es nie vergessen. Glædelig jul og godt nytår!
Schon komisch das mein nächste Bericht um ein neues Jahrzehnt handeln wird!
Liebe Grüße,
Lina