2018-11-14 18:26:00
Bericht #2 - Willkommen zurück im Reich der Mitte...
Willkommen zurück im Reich der Mitte (中国=zhongguo) Metropolregion Rhein-Neckar.
Heute werde ich ein wenig über das Essen hier in China schreiben, da das nicht nur extreme Popularität auf der ganzen Welt genießt, sondern auch mit einigen hartnäckigen Klischees behaftet ist.
Ich kann euch gleich zu Anfang beruhigen bezüglich eines sehr verbreiteten Klischees, dass ich hier (meines Wissens!) kein Hundefleisch gegessen habe. Tatsächlich gibt es hier aber einige Dinge, die man in Deutschland wohl nicht auf der Speisekarte finden wird: Mehrmals schon gab es zum Beispiel ganze Tauben, ganze Krabben (die man aufbrechen und aussaugen muss), Seegurke, Kuh-Magen, -gedärm und -Lunge, Frosch, Hühnerfüße, Schweinehals, Gänse-Gedärm, Fischköpfe oder Scheiben aus Blut.
Einiges davon schmeckt aber wirklich nicht schlecht und davon abgesehen, stehen solche Gerichte auch nicht unbedingt auf der täglichen Speisekarte. Tatsächlich ist das Gericht welches mir am wenigsten schmeckt auch das am wenigsten exotische, da es nur aus Reis und heißem Wasser und Milch besteht und hier als Porridge (in vielen Ländern als Haferbrei bekannt) bezeichnet wird.
Die Gerichte, die man in China-Restaurants in der westlichen Welt bestellen kann, gibt es hier in China nicht. Stattdessen werden hier immer diverse Gerichte (verschiedene Arten Fleisch, Gemüse und Fisch) aufgetischt, bei denen sich jeder nach Belieben bedienen kann und zusammen mit seinem eigenen Schälchen Reis isst.
Wenn ich hier aber vom Essen spreche, muss ich in zwei, beziehungsweise drei Kategorien unterteilen: Das Essen, das man hier in den Restaurants bekommt (die besten Restaurants findet man meist in den unzähligen Einkaufszentren) ist extrem gut, wenn auch oft ein wenig teurer. Da ich jedoch von Sonntagabend bis Samstagvormittag fast ausschließlich in der Schule bin, esse ich meistens in der Schule. Zwar sind die Gerichte dort relativ günstig, aber eben auch eher schlecht.
Darum ist es auch nicht verwunderlich, dass viele Schüler die ein Handy mitnehmen (trotz des Verbots), sich Essen zur Schule bestellen. Dies ist zwar nicht erlaubt, aber extrem einfach und jede Mühe wert. Die bestellten Gerichte oder Getränke (meist Bubble-Tea) müssen zu einem bestimmten Tor der Schule geliefert werden, da der restliche Campus komplett umzäunt ist und regelmäßig Wachmänner patrouillieren. Wenn man erwischt wird drohen verschiedene Strafen, oft aber wird nur der Name des Übeltäters montags beim Fahnenappell erwähnt, was die Schüler hier eher freut, da sie dadurch „berühmt“ werden.
Zuhause esse ich nur zum Frühstück und gegen 22:30 Uhr eine Kleinigkeit nach der Schule. Morgens gibt es außerdem meist auch eine warme Mahlzeit, wie z.B. Nudelsuppe, Suppe mit Teigtaschen, oder Fleischbällchen mit „Baozi“, das ist eine spezielle gedämpfte Teigtasche (in der Größe eines Brötchens) gefüllt mit Fleisch oder dem von mir verhassten Porridge.
Da es hier zu fast jeder Mahlzeit Reis gibt, bin ich immer wieder über Abwechslung erfreut. Während ich in Deutschland fast nie in Fastfood Restaurants gehe, mangels Qualität und Geschmack, bin ich hier selten abgeneigt. Dazu muss aber auch gesagt werden, dass McDonalds und Co. hier ein ganz anderes Image haben als in Europa. Was mich außerdem immer noch stark fasziniert, ist der Stand der Technik hier in China. So kann man nicht nur mit Kreditkarte und Handy bezahlen, stattdessen gibt es wie bei McDonalds noch eine dritte Option zum Bezahlen: per Gesichtserkennung.
Jedes Wochenende hat meine Familie ein kleines Familien-Abendessen mit den Großeltern, manchmal mit Verwandtschaft aus Hongkong und von beiden, statt nur von einem Elternteil. Das ist zwar oftmals ein wenig anstrengend, aber auch sehr interessant da ich das kein bisschen gewöhnt bin. Zwar bin ich bereits zwei Monate hier, aber die wenigste Zeit davon wirklich in meiner Gastfamilie. Dennoch fällt es mir leicht mich wohl zu fühlen, da meine Gastfamilie mich sehr willkommen fühlen lässt.
Ein Aspekt des Lebens in China, den ich im letzten Eintrag vergessen habe, ist wie die Chinesen hier mit den Ausländern umgehen. Denn hier in Südchina ist es normal sich wie eine Berühmtheit zu fühlen. Man wird fast immer von jedem angestarrt und oft hört man „wai guo ren“, was „Ausländer“ bedeutet. Da ich jedoch 1,90 Meter groß, blond und blauäugig bin, wird mir naturgemäß noch etwas mehr Beachtung geschenkt.
Immer wieder kommen wildfremde Leute auf mich zu und wollen Bilder mit mir machen (vor allem Mädchen/Frauen) oder sie machen ungefragt und heimlich Bilder von mir. Das ist auch auf meiner Schule nicht anders. Zwar hat sich das mit den Fotos inzwischen ein wenig gelegt, angestarrt werde ich aber weiterhin jeden Tag. Während des Sportfests etwa, das über zwei Tage und einen Abend ging und unglaublich groß und professionell aufgezogen war, habe ich mit mindestens 200 Schülerinnen (und ein paar wenigen Schülern) Bilder gemacht.
Ich will nicht behaupten, dass ich diese Aufmerksamkeit am Anfang nicht auch genossen habe, wenngleich ich auch stark befremdet davon war. Mittlerweile ist es zum Großteil eher nervig und weiterhin seltsam, die großen Augen und die Kommentare auf Chinesisch zu hören – die ich nun auch zum Teil verstehen kann. Dennoch gebe ich zu, dass das alles nicht unbedingt schlecht für mein Selbstwertgefühl ist, wenn man von überall wie etwas Besonderes behandelt wird.
Hiermit endet dann auch schon dieser Eintrag und ein Weiterer kommt dann schon in knapp einem Monat.
Bis dahin, 再见 (“Zai Jian”=auf Wiedersehen)!