2016-06-09 11:44:00
Bericht #8
¡Hola! In weniger als einem Monat sitze ich schon wieder im Flieger zurück nach Deutschland und schon einen Tag danach spaziere ich durch meine kleine Heimatstadt Neckargemünd und grüße vorbeilaufende Bekannte. Ich habe lange ein Wort gesucht, das diese nähere Zukunft nach meiner Verfassung gerade treffend beschreibt. Unwirklich. Ja, das passt einigermaßen: Es ist einfach irgendwie unwirklich, ich kann es mir zwar ausmalen und so, aber wenn ich es mir dann vorstelle, kann ich es kaum glauben.
Vielleicht fragst du Dich, lieber Leser, wie ich mich gerade eigentlich so fühle, es ist ja nicht normal, mal eben ein sehr liebgewonnes Umfeld zu verlassen und in ein anderes, das "wohlig-heimische" Umfeld, wieder einzutauchen. Also so grundsätzlich geht es mir sehr, sehr gut, ich kann mich über wirklich nichts beklagen. Doch natürlich schwingt auch ein bisschen Traurigkeit mit, da die letzten Tage meines Abenteuers anbrechen. Aber schlussendlich überwiegt dann die Freude auf meine Heimat und auf die wichtigen Menschen, die schon auf mich warten. Passt auf, die Zeit vergeht jetzt nochmals mit verdoppelter Geschwindigkeit, ich meine, was ist denn schon ein Monat? :)
Reise nach Kuba
Vor drei Wochen ca. bin ich mit meiner chilenischen Familie für 10 Tage nach Kuba geflogen. Meine Stadt liegt im südlichen Teil Chiles, daher mussten wir erst 12 Stunden mit einem Bus in den Norden in die Hauptstadt Santiago fahren. Von dort ging es dann mit dem Flugzeug weiter. Nach insgesamt 36 Stunden Reise, mit Zwischenstopp in Panama, erreichten wir dann endlich Havanna und tauchten augenblicklich in eine, für mich, komplett neue Welt ein.
Kuba ist anders als meine normalen Reiseziele, ich kann die dort herrschende Atmosphäre gar nicht so richtig beschreiben. Abgesehen von der unglaublichen Hitze und der 100-prozentigen Luftfeuchtigkeit ist mir noch so einiges mehr aufgefallen: 1. Kuba lebt eindeutig vom Tourismus. Alles ist auf die Wünsche und Ansprüche europäischer und süd-, bzw. mittelamerikanischer Touristen konzipiert. Ich war etwas verwundert darüber, dass ich keinen einzigen Nordamerikaner zu Gesicht bekommen habe, doch nach einem netten Plausch mit einem sehr freundlichen Kubaner war es mir natürlich sofort klar: Kuba und Amerika waren und sind ja nicht die besten Freunde, was ich mir ja auch aus der gemeinsamen Geschichte hätte erschließen können, doch ich wusste nicht, dass das heute immer noch so ein heikles Thema darstellt. Der Kubaner meinte sogar, dass man ihn nicht über die nordamerikanischen Grenzen lassen würde, was ich persönlich aber ein bisschen bezweifelte.
Alles, was man in Kuba kauft, isst, trinkt oder benutzt ist original "Made in Kuba", denn der Import-Export-Verkehr ist so gut wie nicht vorhanden. Gut zu sehen beispielsweise beim Thema Autos. Eine Augenweide, was für Autos dort auf den Straßen kursieren und ihre Touristenrunden drehen. Modelle und Motoren aus den 60er-Jahren ist absoluter Standard. Unglaublich... Aufgrund des nicht vorhandenen Import-Export-Verkehr boomt natürlich der kubanische Schwarzmarkt. Man muss eigentlich nur die Augen öffnen, um die vom-Staat-nicht-autorisierten Geschäfte in den vielen kleinen Gassen zu beobachten. Doch erwischen lassen sollten sich die Kubaner lieber nicht, denn dann winkt als Strafe 3 Jahre Gefängnis, ohne Sicht auf irgendwelche Strafminderungen.
Ein normales kubanisches Monatsgehalt sind etwa 25 Pesos Kubanos, umgerechnet rund 23 Euro, großzügig aufgerundet. Die Häuser gehören dem kubanischen Staat und es ist Gang und Gebe, dass zwei oder drei Familien zusammen in einem relativ kleinen Haus oder Apartment wohnen. Natürlich gibt es auch Häuser, die theoretisch gekauft werden könnten, doch da fehlt dem einfachen Kubaner natürlich das Geld dazu. Die wohlhabendsten Kubaner sind diejenigen, die tagtäglich mit Touristen zu tun haben, denn allein nur mit dem täglichen, ziemlich üppigen Trinkgeld vor allem europäischer Touristen kann man sich so einigen Luxus leisten, zum Beispiel ein eigenes Haus. Das Trinkgeld an sich wird immer gerecht unter den Bediensteten aufgeteilt, das gefällt mir persönlich sehr gut. Das minimale Trinkgeld sind etwa 5 Peso Kubano, wenn nicht sogar mehr. Angenommen ein Kellner bedient nun 10 Gäste an einem Abend, dann hat dieser Kellner allein an einem Abend schon das doppelte eines normalen Monatsgehalts verdient. Unglaublich, wenn man sich das mal so klar macht, nicht wahr?
Alle 45 Tage verteilt der Staat kostenlos kleine Kisten an die Einheimischen, sozusagen die "Lunchbox" für die nächsten eineinhalb Monate. In ihnen ist enthalten: Mehl, Zucker, Reis, Nudeln, Kaffee, Zigaretten, Zahnpasta, Seife, und und und... Einfach verschiedene Dinge, die der Kubaner von heute braucht. Da kann man noch eine Eigenschaft der Kubaner erkennen: Sie sind sehr sozial und der zwischenmenschliche Kontakt ist für sie sehr sehr wichtig und wird daher täglich im Schatten der Bäume in den malerischen, kleinen Straßen gepflegt. Das gefällt mir persönlich ebenfalls sehr gut.
Das waren nur ein paar der vielen verschiedenen Eindrücke, die ich in den 10 Tagen gewonnen habe. Nach Tagen Havanna, wo wir wirklich die Zeit für alles Mögliche genutzt haben, sind wir dann mit dem Bus weiter auf die Halbinsel nach Varadero, einem 5-Sterne-all-inclusive-Resort-Paradies... Ohne Witz jetzt mal, ein riesiges Resort nach dem anderen, mir kam es so vor, als ob es diesen Ort der Welt nur für Wellness und Entspannung gibt. Aber nein, er schafft glücklicherweise auch Millionen von Arbeitsplätzen. Die nächsten Tage waren pure Entspannung. Strand, ca. 28 Grad warmes Meer und Katamaranfahren durch die Karibik. Ich könnte jetzt viel erzählen, aber ich möchte nur von einem einzigen wunderschönen Erlebnis berichten.
Eines Morgens bin ich aufgrund des unglaublich lauten Schnarchens meines Bruders um 4 Uhr nachts aufgewacht und da das Wiedereinschlafen unmöglich war, lief ich die 200 Meter runter zum feinsten weißen Sandstrand, den ich je gesehen hatte, und spazierte barfuß durch das warme klare Wasser, welches wohlklingend heranrauschte. Nach zwei Stunden, um 6 Uhr ca., ging dann die Sonne auf und der Himmel nahm die schönsten Farben an, die ich mir jemals hätte vorstellen können. Um 8 Uhr dann, als wir uns beim üppigen Frühstücksbuffet trafen, fragte mich meine Mutter, warum ich denn so strahle. Ich erzählte ihr, was mir wiederfahren ist und was sie alle verpasst hatten. Am nächsten Morgen standen wir dann alle früh auf, um den Sonnenaufgang zu bewundern, aber diesen einen wunderschönen, ruhigen Morgen, den ich alleine den Strand entlang laufend und den Vollmond bewundernd verbracht und genossen habe, wird mir keiner jemals nehmen können.
Die Zeit im Paradies verstrich wie im Flug und ein paar Tage und eine fast 40 stündige Heimreise später kamen wir auch schon wieder in Valdivia an. Krass, dass ich dann ein Gefühl von Zuhause hatte, da sieht man mal, was ein Jahr bewirken kann :).
Rhein-Neckar Botschafter-Präsentation mit toller Resonanz
Das darauffolgende Wochenende habe ich dann am Computer mit der Vorbereitung meiner Botschafterpräsentation verbracht. Hier möchte ich kurz die Gelegenheit nutzen, um mich ganz herzlich bei dem Team der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH zu bedanken, denn das Infomaterial über die MRN ist unschlagbar überragend! Vor allem das kurze Video "Rhein-Neckar in Motion" hat meine Zuhörer, mich übrigens auch, total vom Hocker gehauen.
Ein Tipp für zukünftige Botschafter: Geht auf euren Lehrer zu und fragt sie, wann ihr etwas über euch und eure Region im Unterricht erzählen könnt, er wird sich sehr darüber freuen und wird euch dann sicher sagen, wann es ihm am besten passt. Dann habt ihr ein Datum und könnt euch dann darauf gut vorbereiten. :)
Das war meine Vorgehensweise: Als ich mich in der Sprache sicher gefühlt hatte, bin ich auf meine Klassenlehrerin zugegangen und habe sie gefragt, ob sie mir wohl eine Doppelstunde zur Verfügung stellen könnte. Ich sagte, ich würde gerne etwas über mich und meine Heimatregion in Deutschland in Form einer Präsentation mit nachfolgenden interkulturellen, mit Sicherheit interessanten, Konversationen, erzählen. Sie war begeistert und schrieb mir sofort eine kleine Liste mit möglichen Tagen und ich durfte mir dann einen der genannten Tage aussuchen.
Danach organisierte ich mir noch einen Projektor und am "großen Tag" waren es dann dank der guten Vorbereitung und der tollen Infomaterialien total entspannte, interessante und teilweise auch witzige zwei Stunden, die, wie ich finde, viel zu schnell vorbei waren.
Die Präsentation ist anscheinend sehr gut angekommen, denn noch am selben Tag haben mich die Klassenlehrer meiner Parallelklassen und ein Lehrer einer Klassenstufe unter mir gefragt, ob ich wohl die Zeit fände, auch in ihren Klassen die Präsentation zu halten. Meine Lehrerin stellte mich gerne vom Unterricht frei und in den nächsten drei Tagen bin ich dann mit dem Projektor unterm Arm von Klassenzimmer zu Klassenzimmer gezogen. Es war natürlich schon anstrengend, aber ich habe es sehr gerne gemacht, denn schlussendlich hatte ich ein total tolles Gefühl und Spaß hatte ich natürlich auch dabei.
Deswegen möchte ich dies hier den zukünftigen Botschaftern meiner Region mit auf den Weg geben: Auch wenn ihr euch erstmal fragt, wie ihr das überhaupt schaffen sollt, längere Zeit vor einem größeren Publikum frei und vor allem in einer fremden Sprache etwas zu präsentieren -- schlussendlich wird das überhaupt kein Problem sein. Das MRN-Team bereitet euch sehr gut darauf vor, ihr bekommt überragende Materialien und denkt dran: Da IHR die andere Sprache erlernt und nicht eure Zuhörer, sind kleine Fehler überhaupt kein Problem, bleibt einfach locker und überspielt sie mit einem Lächeln, das Publikum wird sie euch sofort verzeihen! :)
Jetzt gerade nutze ich noch die mir verbleibende Zeit mit meiner Familie auf dem Land. Sie bringen mir das Zubereiten original chilenischer Gerichte bei (ich bin dabei ziemlich am Versagen, kochen war noch nie mein Ding :)). Aber übermorgen schon geht´s dann ab in den Norden in die Atacama-Wüste!
Ich wünsche Dir, lieber Leser, alles erdenklich Gute,
bis bald Hasta luego Leo