2015-12-09 13:13:00
Bericht #3
¡Hola MRN!
Schon wieder ist ein Monat um seit meinem letzten Bericht und siehe da, ich bin schon unglaubliche 4 Monate in Bolivien. Ich habe das Gefühl, das hier auf dem südlichen Teil der Erde die Zeit viel schneller um geht.
Reise an den Titicacasee
Wenn man meine Berichte liest, hört es sich vielleicht manchmal so an, als würde ich nur reisen, was natürlich nicht ganz so stimmt. Trotzdem hatte ich das Glück den letzten Monat mehrere beeindruckende Reisen zu erleben. Eine davon ging an den Titicacasee, den höchstgelegenen beschiffbaren See der Erde. Da die Reise in der Schulzeit stattfand, musste sie sich auf ein Wochenende beschränken.
An einem Freitagabend ging es los. Wir starteten vom chaotischen Busterminal in Cochabamba (für den man Nutzungsgebühr zahlen muss) in einem „Buscama“ (also einem Reisebus mit komfortablen Sitzen, die man um 180 Grad drehen kann) zuerst nach La Paz. Bei dieser Zwischenstation wurden wir im AFS-Büro von den anderen Gastschülern, die meisten aus dem Komitee La Paz, empfangen. Das Wiedersehen mit den anderen Deutschen vom Hinflug war schön, und nach der „Plünderung“ eines kleinen Supermarkts in der Nähe ging es dann endlich in einer vierstündigen Fahrt an den Titicacasee.
Dort mussten wir in einem kleinen Dorf halten, um einen Arm des Sees mit dem Boot zu überqueren. Dort bekamen wir zum ersten Mal den kühlen Wind zu spüren, der über den meerähnlichen See fegt. Endlich angekommen, gab es am Seeufer in der Nähe von Copacabana erstmal was zu essen und danach besichtigten wir ein Haus komplett aus Schilf, gebaut auf dem Wasser. Direkt dort legten dann unsere Fähren an und es ging los auf den See zu den beiden Inseln.
Nach einer relativ langen und kalten Überfahrt gelangten wir an die Isla del Sol (Sonneninsel). Dort erklärte man uns, dass die zu sehenden Ruinen der Überrest einer heiligen Kultstätte der Aymara bzw. der Inka sei. Danach ging es dann mit dem Schiff entlang der Küste bis zu einer Anlegestelle, von der aus wir in der Dunkelheit den Hügel zu unserem Nachtquartier überqueren mussten. Dabei bot sich uns ein wunderbarer Sternenhimmel, wie jedenfalls ich ihn noch nicht gesehen hatte.
Am nächsten Tag hieß es weiter mit dem Schiff zur nächsten Insel, der Isla de la luna (Mondinsel). Dort konnten wir uns nach einem Aufstieg ein Bad im See gönnen. Ich war einer der Verrückten, der in das kalte Wasser sprang. Danach ging es wieder nach Copacabana. Dort hatten wir noch kurz Zeit, durch die mit allerlei touristischen Geschäften gefüllten Gassen zu schlendern, bevor es schließlich wieder zurück nach La Paz und Cochabamba ging. Sehenswert war auf jeden Fall noch die beeindruckende weiße Kathedrale in Copacabana, das daher auch ein bedeutender Pilgerort ist.
Reise in den Chapare
Schon bald nach dieser tollen Reise ging es dann mit meiner Familie in den Chapare, ein relativ dicht besiedeltes Dschungelgebiet in der Nähe von Cochabamba. Die Familie meiner Gastmutter besitzt dort ein kleines Landhaus. Auf der Reise dorthin wurde mir erklärt, das es in Bolivien zwei Anbaugebiete von Coca, dem Grundstoff von Kokain gäbe, nämlich in den Yungas (Departament La Paz), deren Coca für die Herstellung von Produkten wie Cocatee genutzt wird, und die aus dem Chapare, meistens genutzt für die Herstellung der Droge. Da aber der Präsident von Bolivien, Evo Morales, ein ehemaliger Coca-Bauer ist, wird dieses Geschäft geduldet, wenn nicht sogar unterstützt (zum Beispiel mit dem Bau eines Frachtflughafens).
Der Weg in den Chapare führte erst durch die gewohnten, eher trockenen Landschaften, dann aber tauchten aus dem sich immer dichteren Nebel grün bewachsene Berghänge auf. Nach einiger Zeit hatte man dann auch einen tollen Ausblick auf grüne Täler. Als wir in der dschungelartigen Ebene ankamen, regnete es, aber ich hatte das Glück von frischem Kokos- und Orangensaft zu kosten.
Nach einer kurzen Strecke in das Grün hinein, kamen wir an einem umzäunten Gelände an. Innerhalb der eingezäunten Fläche befanden sich mehrere kleine Häuser und ein Pool. Außerdem tummelten sich ein Hahn und ein paar Hühner auf dem Gelände. In unserem Haus trafen wir die Tante, die ihren Geburtstag hier feierte und ihren Mann. Die nächsten Tage gab es viel zu essen und wir verbrachten die meiste Zeit im Pool, spielten Gesellschaftsspiele oder mit den Nachbarn Beachvolleyball.
Reise an den Salar de Uyuni und die Lagunas
Noch eine etwas längere Reise von der ich euch berichten möchte, ist die an den Salar de Uyuni und die gefärbten Lagunen ganz im Süden des Landes. Der Ausflug dauerte von Samstagabend bis Donnerstagmorgen über vier Tage lang. Zwischen Cochabamba und Uyuni hieß die die Zwischenstation Potosi, eine alte Minenstadt, heute verarmt, in der alte Häuser und schöne Kirchen vom vergangenem Reichtum zeugen. Zwar hatten wir das Glück vieles zu sehen, doch dafür mussten wir einen relativ steilen Berg hochkraxeln, bei der Höhe nicht besonders angenehm.
Mittags ging es dann weiter Richtung Uyuni, das wir dann auch gegen später Nachmittag erreichten. Am nächsten Morgen ging es dann los, nicht wie zuerst erwartet an den Salzsee, sondern Richtung Süden zur Laguna Colorada. Nach einer langen Fahrt durch das trockene Altiplano, vorbei an einer Lagune, beeindruckenden Felsformationen und Vulkanen, erreichten wir bei Sonnenuntergang die rote Lagune.
Leider trotz fehlender starker Sonneneinstrahlung nicht mehr rot, war es trotzdem toll, die über die Lagune verstreuten Flamingos zu beobachten. Am nächsten Tag zog es uns bei Sonnenaufgang und bitterer Kälte los zu den Geysiren und dann zu den heißen Quellen, in denen dann auch gebadet wurde.
Danach fehlte nur noch die Laguna verde (grüne Lagune). Hinter den Bergen angrenzend an die Lagune lagen schon zwei Nachbarländer Boliviens, nämlich Chile und Argentinien. Gegen Abend erreichten wir wieder das Salzhotel in der Nähe des Salar. Der Boden des Hotels war mit Salz „geschottert“ und die Häuser innen mit Salz ausgekleidet.
Am nächsten Tag ging es dann mit einem Zwischenstopp in einer Höhle auf den Salzsee, der überall mit einer harten und befahrbaren Salzschicht bedeckt war. Die starke Reflektion nötigte alle, sich gut mit Sonnencreme und einer Sonnenbrille auszustatten. Wir hielten an einer bestimmten Stelle auf dem See, um die Dimensionen für lustige Fotos auszunutzen. Nach diesem Stop zogen wir weiter zu einer relativ großen Insel, bewachsen mit Kakteen. Dort gab es erstmal Mittagessen, und bevor wir weiter fuhren, stiegen wir noch die Insel hoch und genossen den Ausblick.
Nach dieser Pause hielten wir nochmal mitten auf dem See und hatten die Möglichkeit quadratische Salzkristalle aus dem See zu brechen. Ein bisschen weiter bewunderten wir auch noch zum Trocknen ausgelegte Salzhügel, bevor wir nach Uyuni zurückkehrten. Dort besuchten wir auch noch den Zugfriedhof von Uyuni, es machte Spaß auf den ausgedienten Loks und Waggons herumzuklettern.
Nach dieser tollen Reise freute ich mich trotzdem wieder nach Cochabamba zurück zu kehren, da unter anderem der Luxus einer Dusche nicht überall in Bolivien zu finden ist.
Semana Franklin und Schulferien
In den letzten Schulwochen beruhigte sich spürbar der Schulbetrieb, das Einzige was noch etwas Abwechslung schaffte, waren die von der Schülerschaft organisierten Fußballturniere. Da ich mich bei einem vorigen Spiel als Torwart zur Verfügung gestellt hatte, waren danach irgendwie alle davon überzeugt, dass ich auch der Torwart während des Turniers sein sollte. Für mich nicht so eine tolle Nachricht, da ich eher ein mittelmäßiger Torwart bin und ich meine Klassenkameraden nicht enttäuschen wollte. Das Turnier endete damit, dass wir uns bis ins Finale qualifizierten, was jedoch abgeblasen werden musste. Dadurch bin ich unglücklicherweise auch noch zum Torwart der zukünftigen „Promocion“ geworden.
Außerdem gab es noch viel Tanz- und Bandunterricht, als Vorbereitung auf die „Semana Franklin Anaya“. In dieser ersten Ferienwoche stellen die unterschiedlichen Kunstklassen ihre Ergebnisse in Abendvorstellungen vor. So auch ich ein paar Tage nach meiner Reise an den Salar. Während der erste Tanz fast reibungslos klappte, war der zweite nicht so toll. Da dieser direkt danach war, mussten wir uns schnellstens umziehen.
Dabei unterliefen mir drei blöde Fehler: Mein Hut saß zu locker, meine Hose rutschte und die Sandalen waren eindeutig zu groß. Beim Tanzen entledigte ich mich bei der erstbesten Gelegenheit von meinen Sandalen, da man bei dem Tanz viel springen muss. Nun barfuß versuchte ich verbissen meine Hose auf ihrem Niveau zu halten und den Hut gerade zu halten. Trotzdem hat es mir Spaß gemacht, da es ja überhaupt mein erster Tanzauftritt war.
Danach ging es dann in die erste richtige Ferienwoche. Da die Ferien hier ziemlich lang sind, ist es wichtig sich eine Nebenbeschäftigung zu suchen, sonst läuft man Gefahr, sich sehr zu langweilen. Um das zu vermeiden, meldete ich mich kurzerhand in einer Tanzschule an.
Nachdem ich wieder viel zu erzählen hatte, freue ich mich euch das nächste Mal von Weihnachten in Bolivien berichten zu können.
Viele Grüße an die Metropolregion, euer Jonathan